Apothekerin schreibt Kippels

„Meine Enttäuschung ist riesig“

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Berlin -

Der Frust nach der Vorstellung der Eckpunkte zur Apothekenreform ist groß. Das, was Gesundheitsministerin Nina Warken letzte Woche mit zum Deutschen Apothekertag (DAT) brachte, war in vielerlei Hinsicht nicht das, was man sich erwartet hatte in der Branche. Daher zögern die Apotheker:innen nun nicht, ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen. Apothekerin Marietheres Reher-Gremme schrieb einen Brief an Dr. Georg Kippels (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG). Er habe ihr vorab eine „Besserung aller Rahmenbedingungen“ in Aussicht gestellt. „Meine Enttäuschung ist seit Dienstag riesig.“

Mit Kippels steht die Apothekerin, die in der Bären Apotheke in Dülmen arbeitet, schon länger im Austausch. Vorab gab es demnach Äußerungen seinerseits, dass sich die Lage der Apotheken durch die kommende Reform deutlich bessern würde. Die nun vorgestellten Eckpunkte enttäuschen Reher-Gremme daher umso mehr.

„Die katastrophale Lage der öffentlichen Apotheken ist Ihnen und Ihrem Haus, mittlerweile sogar der Allgemeinheit, bekannt: alle 18 Stunden schließt in Deutschland eine Apotheke. In 365 Tagen sind es 487. Nichts anderes als politischer Wille steckt hinter dieser Hinhaltetaktik – eine Ausdünnung der Apothekenlandschaft!“, schreibt die Apothekerin wütend.

Sie weist darauf hin, dass nicht die Apotheken die Kostentreiber bei den Krankenkassen sind, sondern eher deren eigene Strukturen: „Die Reduktion der Anzahl unserer Krankenkassen um 50 bis 70 Prozent würde enorme Einsparungen bringen durch Wegfall von hunderten von Vorstandsgehältern und verwaltungstechnischen ineffizienten und aufgeblähten Büroapparaten.“ Auch für Rabattverträge würde das ein einfacheres System bedeuten. „Für alle Player im Gesundheitswesen ein Wunschtraum, da sie täglich mit den unterschiedlichen Abrechnungsvorschriften der 95 Krankenkassen in Deutschland kämpfen müssen“, so Reher-Gremme.

Apotheken sparen Kosten

Statt Kostentreiber zu sein, hielten Apotheken die Ausgaben der Kassen in Schach. „Dabei tragen wir immer ein hohes Retaxrisiko, da bei Vertragsbrüchen wegen Nichtlieferbarkeit oder Akutversorgungen nicht immer mit dem Verständnis der Krankenkassen gerechnet werden kann. Ganz zu schweigen von dem hohen Dokumentations- und Zeitaufwand, mit dem wir abweichende Abgaben begründen müssen.“ Hinzu komme auch noch der Kassenabschlag.

Dass dann auch noch die Ärzte vergangene Woche ein Honorarplus verkünden konnten, erzürnt Reher-Gremme umso mehr. „Eine Ohrfeige ins Gesicht der Apotheker, die seit mehr als 20 Jahren auf eine Honoraranpassung warten.“

Dabei hatten die Apothekerinnen und Apotheker viel von Warken erwartet: „Ihre zugesicherte Unterstützung für die Apotheken vor Ort, sehr geehrter Herr Dr. Kippels, und Ihre immer wieder glaubhaft bekundete Solidarität haben in mir und allen Kolleginnen und Kollegen große Hoffnungen geweckt, die nun endgültig verpufft sind“, so Reher-Gremme enttäuscht.

„Mein Vertrauen in Ihr Haus ist erschüttert“

Die Politik habe dadurch weiter an Verlässlichkeit verloren. „Mein Vertrauen in Ihr Haus ist erschüttert.“ Zusagen für mehr Beinfreiheit, Bürokratieabbau und die Aufhebung des Skonti-Verbots retteten keine deutsche Apotheke, meint die Pharmazeutin. „Eine noch drastischere Schließungswelle wird nun einsetzen, da viele Kolleginnen und Kollegen ihre letzte Hoffnung auf eine Honorarerhöhung gesetzt hatten.“ Die Verantwortung dafür trage das BMG. Kippels dürfe sich gerne bei ihr vor Ort ein Bild zu Lage und Notwendigkeit echter finanzieller Hilfe machen.

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