Die Apotheke ist mehr als nur der Ort für die Arzneimittelabgabe. Zusätzlich zur obligatorischen Beratung ist in der Offizin Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) täglich ein Thema. Apothekerin Maren Torkler erlebt wie viele Kolleginnen und Kollegen oft Verschreibungsfehler. Deshalb sei es ihr eine „Herzensangelegenheit“, die Kontrollinstanz der Apotheken zu betonen. Gerade deckte sie falsche Verschreibungen bei Tilidin und Diclofenac auf. Die Ärztinnen und Ärzte reagierten darauf mit unterschiedlichem Temperament.
Torkler ist als angestellte Apothekerin tätig und seit fast 20 Jahren in der Praxis aktiv. Immer wieder kommt es zu falschen Verordnungen durch Arztpraxen. „Es passiert nicht ständig, aber es ist wichtig, die Apotheke als Kontrollinstanz zu haben und zu zeigen, was wir leisten können“, sagt sie.
Gerade ereignete sich ein Fall, bei dem Torkler einschreiten musste. Eine Praxis hatte einem Patienten Tilidin-Tabletten verordnet, von denen er morgens anderthalb Tabletten einnehmen sollte. „Die Arzneimitteltherapiesicherheit ist schneller gefährdet, als man denkt“, so die Approbierte. Denn Tilidin komme in Tablettenform nur retardiert vor. „Hätte der Patient die Tablette geteilt, wäre die Wirkstoffmenge nicht in etwa über zwölf Stunden freigesetzt worden, sondern sofort.“
Der Fall sei in der Apotheke an zwei Stellen aufgefallen: zuerst im Bereich der Heimversorgung und unabhängig davon später bei der Rezeptkontrolle. Bei einem Anruf in der Praxis wurde dem Arzt der Sachverhalt geschildert und die Dosis auf eine Tablette morgens abgeändert. „Es sollte längst klar sein, welchen wichtigen Stellenwert die Apotheke vor Ort hat.“
Kürzlich etwa kam ein älterer Herr mit einem Rezept über ein Diclofenac-Gel in die Apotheken. „Meine routinemäßige Frage bei dieser Verordnung: ‚Darf ich fragen, weshalb Sie es anwenden sollen?‘“ Bei der Anwendung komme es häufig zu Fehlern: „Hier liegt ein Fall vor, der mir mehr als einmal begegnet ist: Es wird ein Diclofenac-Gel gegen aktinische Keratose mit einem Wirkstoffgehalt von 30 mg/g Diclofenac verordnet.“
Doch der Mann wollte etwas gegen seine Entzündung im Knie. Benötigt wurde deshalb ein „herkömmliches“ Diclofenac-Gel in der entsprechend niedrigeren Dosierung von 1 oder 2 Prozent. Eine Rückfrage in der Praxis habe diese Vermutung bestätigt. Torkler geht es bei der Aufklärung nicht darum, mit dem Finger auf andere zu zeigen. „Da wo Menschen arbeiten, werden auch mal Fehler gemacht“, betont sie. Es sei jedoch „gut, dass es mit Apotheken vor Ort noch eine weitere Kontrollinstanz gebe. „Ob dies einer Internetapotheke aufgefallen wäre? Ich weiß es nicht.“
Teilweise seien die Ärztinnen und Ärzte „glücklich“, wenn Torkler sie auf klare Kontraindikationen hinweise. Wenn es um Wechsel- oder Nebenwirkungen gehe, sei die Rückmeldung nicht immer positiv. „Das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Es gibt auch Diskussionen und ich wurde schon gefragt, ob ich die Kompetenz in Frage stellen will. Mir ist es dann wichtig, das Gespräch auf eine sachliche Diskussion zu beschränken. Es geht nicht um mich, sondern um den Patienten.“
Torker betont die pharmazeutische Kompetenz in der Vor-Ort-Apotheke: „Die Sichtweise der Heilberufler ist unterschiedlich. Ich schaue anders auf Arzneimittel als ein Arzt. Ich bin von der Ausbildung her kritischer. Mir ist es eine Herzensangelegenheit, auf die Kompetenz der Apotheken aufmerksam zu machen, denn wir Apotheker sind vom Naturell her eher schüchtern und verstecken uns.“