Stockende Tarifverhandlungen

TGL: Kein Geld für höhere Gehälter

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Berlin -

Die Adexa hat das Angebot der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter (TGL) Nordrhein als „nicht verhandlungsfähiges Angebot“ und „Schlag ins Gesicht“ für alle Apothekenangestellten bezeichnet. Jetzt melden sich Constantin Biederbick und Sebastian Berges von der TGL zu Wort.

„Die Gehaltsverhandlungen sind schwieriger denn je“, lautet die heutige Botschaft der TGL. Die Arbeitgeber in Nordrhein hatten ein Gehaltsplus von je 50 Euro für PKA für 2024 und 2025 angeboten. Die Zeiten sind schwierig – auf beiden Seiten. Arbeitnehmende leiden wie Arbeitgebende unter Preissteigerungen. Chef:innen kämpfen zudem mit einem sinkenden Betriebsergebnis.

Verstärker sind laut TGL „schrumpfende Einkaufskonditionen, festzementierte Rx-Packungshonorare, erhöhte Krankenstände, durchschnittlich sinkende Wochenarbeitszeiten, Nachwuchsmangel, wachsende Bürokratie, von Apotheken zusätzlich erbrachte Leistungen und Services u.v.m.“ Bereits über 10 Prozent aller deutschen Apotheken seien defizitär und weitere rund 30 Prozent erwirtschaften weniger als der notwendige kalkulatorische Unternehmerlohn.

Lohnerhöhungen schlügen in Apotheken direkt und vollumfänglich auf das Einkommen der Chefs und deren Familien durch, so die TGL. „Das würde mitunter zu existenzbedrohenden Situationen führen. Das kann nicht Ziel der Tarifkommissionen sein.“

Wollen Ja, können Nein

„Arbeitgebende befinden sich demnach in einem Dilemma.“ Chef:innen würden ihren Angestellten gerne ein Tarifplus als Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung zusprechen und der Forderung der Adexa nachkommen, doch die derzeitige Lage und der düstere Blick in die Zukunft lassen dies nicht zu.

„Die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und vor allem die Erwartungen für die nächsten Jahre lassen keine Handlungsspielräume für große Gehaltsforderungen.“ Die Konsequenz: eine Nullrunde. „Diese Situation ist nur durch Verständnis, Kompromissbereitschaft und Flexibilität beider Tarifparteien zu lösen, um die Existenzen der Apotheken, und damit die Arbeitsplätze nicht nachhaltig zu gefährden.“ Zudem könnten Lohnsteigerung nicht an Kund:innen in Form von Preiserhöhungen weitergereicht werden. Der Grund: Betriebsergebnisse würden meist aus den verschreibungspflichtigen Sortimenten erzielt.

28 Prozent haben Inflation vorweggenommen

Seit 2004 hat die Inflation um circa 38 Prozentpunkte zugenommen, so die TGL. Das Bundesinlandsprodukt, die GKV-Einnahmen und die Tariflöhne in Apotheken haben sich deutlich darüber entwickelt. Im Gegensatz zu den Apothekenvergütungen. „Möchte man also die Inflation in die Tariflohnentwicklung einpreisen, dann müssten die Löhne auf das seit 2004 fortgeschriebene Inflationsniveau […] sinken und nicht steigen.“ Außerdem gibt die TGL zu bedenken, dass die Lohnsteigerung der letzten Tarifrunde von bis zu 28 Prozent die stärker steigende Inflation in jüngster Vergangenheit bereits dort vorweggenommen habe.

Mehr Urlaubstage sind nicht drin

Die Adexa hatte der TGL als Alternativen zum Lohnplus weitere Möglichkeiten angeboten. Dazu gehören verkürzte Arbeitszeiten oder mehr Urlaubstage. Die TGL sieht auch hier keinen Spielraum. Die Gründe liegen auf der Hand: Personalmangel, zunehmende Krankenstände. Dies führe zu steigenden Lohnkosten. Zudem würden die meisten Angestellten nicht in Vollzeit arbeiten.

Geld ist nicht alles

„Wissenschaftliche Studien belegen, dass das Gehalt schon längst nicht mehr den Stellenwert für Mitarbeitende hat, den die Arbeitnehmervertreter dem beimessen“, so die TGL. „Vielmehr spielen gute Arbeitsatmosphäre und passende Arbeitszeiten unter andere weiche Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Zufriedenheit bei den Arbeitnehmenden.“

Zudem sei das Plus zum Tariflohn entscheidender. „Viele Mitarbeitende sehen die Wertschätzung ihrer Leistungen nur durch den Prozentsatz ausgedrückt, der zusätzlich zum Tariflohn bezahlt wird. So spiegelt der Tariflohn in den wenigsten Fällen die tatsächlich gezahlten Gehälter wider, auch in Nordrhein.“

Eckpunktepapier verschärft Lage

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sein Eckpunktepapier zur Apothekenreform vorgelegt. Diese bringen eine Unbekannte in die Tarifverhandlungen. „Die vom BMG angekündigten Umstrukturierungen der Apothekenhonorare [entziehen] jegliche Planungsgrundlage.“

„In den nächsten Wochen werden die neuen Rahmenbedingungen festgelegt. Dann hofft die TGL, dass die vielen Proteste Wirkung entfalten und zusätzliches Geld ins Apothekensystem kommt, und damit wieder Handlungsräume für Tarifverhandlungen.“

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