Bußgeldverfahren eingeleitet

Sieben Anrufe im Notdienst: Aufsicht kontrolliert Inhaber

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Berlin -

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSO) wirft einem Inhaber aus Berlin vor, seinen Notdienst zumindest partiell nicht geleistet zu haben. Die Begründung: Der Apotheker habe sieben Kontrollanrufe seitens der Aufsichtsbehörde in der Nacht nicht entgegengenommen. Der Inhaber weist diesen Vorwurf entschieden zurück: „Ich habe in der Zeit vorne bedient, es war die Hölle los.“

Er habe nun einen Bußgeldbescheid über insgesamt 528,50 Euro erhalten. Darin wird ihm zur Last gelegt, seine Apotheke im Notdienst vom 25. bis 26. Mai nicht dienstbereit gehalten zu haben. „Die am 26.05.2025 in der Zeit von 4.40 Uhr bis 7.22 Uhr getätigten Anrufe durch die Behörde blieben alle unbeantwortet“, erklärt das LAGeSO. Demnach sei die Apotheke zumindest in der genannten Zeit nicht dienstbereit gewesen.

Damit habe er „sorgfaltswidrig die Ihnen als Apothekeninhaber obliegende Pflicht zur Einhaltung der Dienstbereitschaft außerachtgelassen“, schreibt die Behörde in ihrer Begründung.

Nachweise genügen nicht

Der Inhaber versichert, den Notdienst vollumfänglich geleistet zu haben. „Ich habe in der Zeit bedient und konnte somit nicht ans Telefon gehen. Ich habe dem LAGeSo einen Nachweis aus der Kassenschau geschickt und einen Zeugen, der bestätigen kann, dass um 4 Uhr nachts eine Schlange vor der Apotheke stand.“

Die Handhabe der Behörde, seine Anwesenheit zu kontrollieren, sei befremdlich. „Ich finde es wirklich übertrieben, sieben Mal innerhalb von weniger als drei Stunden anzurufen, um zu kontrollieren, ob ich den Dienst mache.“ Das Klingeln des Telefons habe er dann und wann durchaus vernommen – er sei schlichtweg mit anderen, akuten Problemen beschäftigt gewesen, betont er.

Überwachungsmaßnahme „situationsbezogen“

Der Inhaber hat im Nachgang versucht, mit der vom LAGeSo benannten Zeugin, die die nächtlichen Anrufe getätigt haben soll, ins Gespräch zu kommen. „Das wird mir verweigert. Die Dame sei jetzt in einer anderen Abteilung.“ Die Person, mit der er habe sprechen können, habe am Telefon nur gelacht. „Sie sagte: ‚Ja, wir wissen, dass Sie nicht da waren.‘“

Auf Nachfrage, warum es das LAGeSo vorzog, mehrfach in einem nächtlichen Zeitraum von knapp drei Stunden in der Apotheke anzurufen, aber nicht dort vorbeizufahren, erklärt die Behörde: „Als Überwachungsmaßnahmen kommen situationsbezogen unter anderem sowohl Besichtigungen vor Ort, aber auch telefonische Kontaktaufnahmen in Frage.“ Genauer wolle man sich „zu laufenden Verfahren in der Apothekenaufsicht nicht äußern“.

Kontrolle wegen Befreiungsantrag?

Warum man es überhaupt für notwendig erachtet hat, eine derartige Kontrolle in der Apotheke vorzunehmen, kommentierte die Behörde nicht. Der Apotheker selbst erklärt sich die Maßnahme so: „Ich habe im Vorfeld eine Befreiung für zwei Notdienste beantragt, weil es bei mir in der Apotheke einen Wasserschaden gab.“ Vorrangig betroffen war das Notdienstzimmer. „Es war alles durchnässt, die Notdienstliege zerstört. Fotos habe ich der Behörde und der Kammer zukommen lassen.“

Daraufhin habe er im ersten Fall keine Rückmeldung erhalten – und deshalb den Notdienst durchgezogen. Im Nachgang habe man ihm mitgeteilt, dass entsprechende E-Mails und Anträge das LAGeSo nicht erreicht hätten. „Normalerweise bekommt man eine Rückmeldung, wenn Mails nicht zustellt werden können. In diesem Fall sollte ich beweisen, dass ich die Nachrichten auch wirklich gesendet habe.“

Pritsche im Gang als Lösung

Daraufhin ging es um Notdienst Nummer 2 – den Tag, an dem die Kontrolle der Behörde erfolgte. „Damit ich ausgeruht bin, würden sie mir erlauben, an dem Tag später zu öffnen“, erinnert er sich. Er habe daraufhin erklärt, dass das keine Lösung für ihn sei: „Ich soll Notdienst machen, aber einen halben Tag schließen.“

Für die Nacht wurde ihm eine Pritsche als Behelfslösung vorgeschlagen: „Ich bin 57 Jahre alt, ich werde mir mit meinen Rückenschmerzen hier keine Pritsche in den Gang stellen.“ Daraufhin erklärte die Behörde, dass sie dann vorbeikommen und sich ein Bild vor Ort machen müsse. „Ich habe entgegnet, dass sie das gerne machen sollen.“

Nach reiflicher Überlegung rang sich der Inhaber auch in diesem Fall dazu durch, den Notdienst zu verrichten, „aber ich bin enttäuscht“. Es schwinge seitens der Behörde der Vorwurf mit, er wolle den Dienst nicht machen. „Ich leiste seit 15 Jahren Notdienste. Wahrscheinlich haben sie mir in diesem Fall einfach nicht geglaubt und mich deshalb derart kontrolliert.“

Gegen den Bußgeldbescheid habe er Einspruch eingelegt. „Eine derart dichte Frequenz überschreitet den Charakter einer sachlichen Kontrolle und behindert im laufenden Nachtdienst die eigentliche Versorgungstätigkeit“, stellt er darin klar. Er bitte für die Zukunft ausdrücklich darum, „künftige Überprüfungen so durchzuführen, dass der Arbeitsablauf im Notdienst nicht gestört wird“.

Gestörte Kommunikation

Er wünscht sich eine offene Kommunikation mit dem LAGeSo – bislang sei das allerdings undenkbar. „Mit der Behörde ist überhaupt nicht zu sprechen. Sie wollen keine Probleme haben, sind also null Lösungsorientiert. Es ist nur von oben herab.“

Er habe mit ihr schon einiges erlebt. „Ich hatte einen Unfall, wurde auch operiert, musste fünf Wochen lang eine Orthese tragen. Damit war kein Notdienst möglich, meine Sehne war gerissen.“ Er habe der Behörde daraufhin den Dienstplan schicken und für jedes Teammitglied die jeweilige Position und Ausbildung nachweisen müssen. „Ich habe eine Approbierte auf Minijob-Basis, die an diesem Tag ihren 70. Geburtstag gefeiert hat. Sie musste schriftlich begründen, warum sie die Feier nicht verschieben kann und unabkömmlich ist – und ihre Approbationsurkunde mitschicken.“

Vorfälle wie diese machten deutlich, wie das LAGeSo arbeite, findet er. „Ich empfinde das als Schikane.“

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