Dm will ab 2026 mit seinem eigenen Versandhandel für OTC-Präparate an den Start gehen. Veronique Wierczimok, ausgebildete Drogistin und heute PKA in der Finken-Apotheke in Marl, betrachtet diese Entwicklung mit Sorge: „Wegen des Versandhandels sind schon so viele Vor-Ort-Apotheken zugrunde gegangen.“
Vor ihrer Zeit in der Apotheke arbeitete Wierczimok bei einer großen Drogeriekette. „Danach habe ich gemerkt, dass das doch nicht ganz das ist, was ich mir vorgestellt hatte. Und dann habe ich den Beruf der PKA entdeckt und sofort gedacht: Das passt besser zu mir.“
Schon 2014 erlebte sie in der Drogerie eine Kooperation mit einer örtlichen Apotheke. „In der Pharma-Abteilung gab es einen kleinen Briefkasten, in den Kundinnen und Kunden ihre Rezepte einwerfen konnten“, erinnert sich die PKA. „Später kamen dann Medikamenten-Pakete, die wir für unsere Kundschaft einschließen mussten.“
Bei der Abholung mussten sich die Kundinnen und Kunden ausweisen und einen Bestellschein vorlegen. „Der wurde per E-Mail oder Post übermittelt, und dann konnten sie die Bestellung mit ihrem Personalausweis abholen“, erzählt sie.
Der Umgang mit Arzneimitteln erinnert Wierczimok als sehr streng geregelt: „Die Pakete haben wir selbst natürlich gar nicht geöffnet“, betont sie. „Das wäre aus meiner heutigen Sicht als PKA auch sehr grenzwertig gewesen. Vor allem, wenn es sich um verschreibungspflichtige Präparate gehandelt hätte. Die hätten wir als Drogisten ja gar nicht abgeben dürfen.“
Dass die Drogeriekette dm nun einen eigenen Versandhandel für OTC-Arzneimittel aufbauen will, sieht Wierczimok kritisch: „Ich bin ehrlich: Mir macht das sehr große Sorgen. Ich finde es extrem wichtig, dass Menschen das Vertrauen in die Apotheke vor Ort nicht verlieren. Wegen Versandhändlern sind schon so viele Apotheken zugrunde gegangen.“
Dass der Versandhandel mit Arzneimitteln immer mehr Raum einnehmen einnimmt, habe sie erst kürzlich wieder vor Augen geführt bekommen: „Bei uns vor der Apotheke ist eine Bushaltestelle. Eines Tages hat uns dann Günther Jauch von einem Plakat aus angelacht. Das ist ja schon wie eine Ankündigung. Da bekommt man echt Sorge. Das wird immer und immer mehr.“
Natürlich versuche auch die Vor-Ort-Apotheke – etwa mit einer eigenen App – der Werbeflut und den Angeboten der Versandhändler etwas entgegenzusetzen. „Wir müssen immer wieder zeigen, wie wichtig die Apotheke vor Ort ist. Viele Menschen sehen das derzeit leider nicht so. Manche werden es wohl erst dann merken, wenn es wirklich darauf ankommt.“
Wie sich die Beschaffung und Beratung rund um Arzneimittel bei jungen Menschen verändert, zeige ein aktuelles Beispiel auf TikTok: „Eine junge Frau hat ihren Shop Apotheke-Einkauf vorgestellt. Sie hatte ChatGPT vorab gefragt, welche Medikamente man bei Erkältung zu Hause haben sollte, und sich auch ein Präparat gegen Sodbrennen empfehlen lassen.“
Ihre Dauermedikation habe die Userin nicht einmal erwähnt – und genau das sende das falsche Signal: „Nur in die Apotheke vor Ort kann man direkt gehen und wird dort sicher und gut beraten – auch auf Kontraindikationen – auch mit der Dauermedikation – wird geachtet. Das können ausschließlich echte Apotheken.“