EuGH will Verbraucher schützen

OTC-Preise: „Apothekenwerbung wird eingeschränkt“

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Berlin -

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den Rabattaktionen von DocMorris hat womöglich auch Auswirkungen auf die deutschen Vor-Ort-Apotheken. Denn beim Thema Arzneimittelwerbung muss der Gesetzgeber nach der Entscheidung aus Luxemburg nachbessern, so Professor Dr. Elmar Mand im APOTHEKE Live. Das betrifft etwa die Nutzung sogenannter Streichpreise.

Bis zu seiner Entscheidung zu den Mengenrabatten habe der EuGH eher die Meinung vertreten, dass sortimentsübergreifende Rabatte von Apotheken überhaupt nicht unter die europaweit einheitlichen Regelungen zur Arzneimittelwerbung fielen, sondern Sache der Mitgliedstaaten seien. Das sei jetzt anders: „Der EuGH vertritt eine außerordentlich strikte Linie, wann immer OTC-Arzneimittel von Wertreklame betroffen sind. Das heißt, jede Form der Wertwerbung für OTC-Arzneimittel ist dem EuGH äußerst suspekt – und ist dann aufgrund der Geltung der Richtlinie in ganz Europa zu untersagen. Das ist die ganz klare Linie.“

Ziel sei es, den Verbraucher vor Beeinflussung durch finanzielle Vorteile in allen Fällen zu schützen, in denen er selbst das Arzneimittel aussuche und eben kein Arzt beteiligt sei. „Es soll gerade nicht die Preiswürdigkeit des Arzneimittels das ausschlaggebende Argument sein.“

Das führt laut Mand sogar dazu, dass die deutschen Vorschriften noch hinter dem Unionsrecht zurückbleiben. „In Zukunft wird aufgrund der Vorgaben des EuGH – in Deutschland und in allen anderen Mitgliedstaaten – noch deutlich eingeschränkt werden müssen als es bisher der Fall. Auch direkte Rabatte, etwa durch Vergleich alter Preis gegen neuer Preis, dürften nach der Rechtsprechung des EuGH verboten sein – anders als wir das bei den üblichen Werbeaktionen kennen. Das ist nach § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) derzeit erlaubt, meines Erachtens nach wird es verboten sein. Die Linie des EuGH ist extrem restriktiv bei OTC-Werbung.“

Allerdings seien Apotheken nicht akut von Abmahnungen bedroht: „Solange wir eine Regelung haben wie den § 7 HWG, der bestimmte Formen der Werbung zulässt, sind auch solche Streichpreise weiter erlaubt. Das wird man auch nicht mit einer richtlinienkonformen Auslegung ändern können. Aus meiner Sicht muss der Gesetzgeber tätig werden. Eine durch Gerichte verschärfte Auslegung des geltenden Rechts wird es nur sehr begrenzt geben können.“

Darüber hinaus gelten laut Mand die Vorschriften für deutsche Apotheken uneingeschränkt. Denn solange es keinen grenzüberschreitenden Warenverkehr gebe, sei eine Inländerdiskriminierung rechtlich zu beanstanden.

 

Die Versender werden dem Juristen zufolge vorerst nur noch mit dem Erlass der Zuzahlung auf Kundenfang gehen können, denn Gewinnspiele und Gutscheine seien ihnen mit dem EuGH-Urteil untersagt worden. Aber auch dieses letzte Rabattmodell könnte ihnen noch untersagt werden, denn es sei sehr wahrscheinlich, dass sich der EuGH noch einmal mit der Frage der Vereinbarkeit entsprechender Regelungen mit EU-Recht beschäftigen müsse.

Und die Schadenersatzforderungen von DocMorris gegenüber der Apothekerkammer Nordrhein? 18,5 Millionen Euro wollte der Versender, laut Mand wird nicht viel davon übrig bleiben. Denn ein großer Teil der Aktionen sei laut EuGH schon nach Werberecht unzulässig gewesen. Ob sich die deutschen Preisvorschriften vielleicht doch noch rechtfertigen, muss nun in einem neuen Verfahren geprüft werden.

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