Fachkräftemangel und Rx-Boni

Mit 27 Jahren: Apotheker ausgebremst

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Berlin -

Mit neuen Ideen will Bobby Richter seine Apotheke am Wasserturm vorantreiben. Doch der 27-jährige Inhaber des Betriebs in Mecklenburg-Vorpommern sieht für sich große Hürden. Der Fachkräftemangel und der Wettbewerbsdruck durch Versandkonzerne aus dem Ausland erschweren die Umsetzung seiner Pläne.

Anfang 2023 übernahm Richter die Apotheke am Wasserturm in Teterow in der mecklenburgischen Schweiz. Der damals 25-Jährige hatte zuvor als Vertretungsapotheker in verschiedenen Betrieben mitgeholfen und Eindrücke gesammelt. Er suchte dabei aktiv nach einer eigenen Apotheke und wollte sich selbstständig machen.

In seiner Apotheke legt er Wert auf Beratung und bietet auch alternative Therapien an. Richter absolvierte dafür etwa eine Ausbildung in Chinesischer Medizin und Akupunktur. Derzeit ist er damit beschäftigt, seinen Betrieb auszubauen. In die Heimversorgung ist der Inhaber bereits eingestiegen. „Seit Mai läuft die Klinikversorgung“, sagt er. Auch eine Versandhandelserlaubnis besitzt Richter, doch das Online-Geschäft befindet sich noch im Aufbau.

Immer wieder „Jauch-Rabatt“

„Versandhandel ist an sich nicht schlecht“, sagt er. Gerade auf dem Land und in weniger stark bevölkerten Regionen helfe das Verschicken von Arzneimitteln insbesondere immobilen Menschen. Allerdings ärgert sich Richter über den verzerrten Wettbewerb zwischen deutschen und ausländischen Versendern. Der „Jauch-Rabatt“ sei auch in seiner Apotheke immer wieder ein Thema.

Richter kritisiert, dass hierzulande diskutiert werde, ob ein Paket Taschentücher mit zu einer Packung eines verschreibungspflichtigen Medikaments gelegt werden dürfe. Gleichzeitig böten niederländische Versandkonzerne immer neue Boni-Modelle an. „Auch die ausländischen Versandapotheken müssen sich an das deutsche Recht halten“, fordert er mit Blick auf die Preisbindung.

Immer wieder komme es vor, dass er nach einer ausgiebigen Beratung die Rückmeldung bekomme, dass angesichts des höheren Preises lieber online bestellt werde. Zudem könne er im Medikationsplan bei manchen Kundinnen und Kunden einsehen, wo sie zuvor ihre Arzneimittel bezogen haben. „Bei manchen spreche ich an, wenn ich sehe, dass sie bei ausländischen Versandapotheken bestellen und ‚fremdgegangen‘ sind.“ Dann kläre er sie über die Hintergründe auf.

Personalnot bremst Geschäftsentwicklung

Ein weiteres Problem sei der Fachkräftemangel. „Es gibt zu wenige qualifizierte Apotheker“, sagt Richter. „Ich brauche Personal, auf das ich mich verlassen kann, damit ich meine Zukunftsprojekte umsetzen kann.“ Eigentlich müsste er sich für seine Ideen einmal einen Monat aus dem Arbeitsalltag rausnehmen können. Doch die strengen Regularien ließen dies nicht zu. Und wenn die Beratung leide, wenn er selbst nicht vor Ort sei und sich zu viel anhäufe, könne er die Apotheke nicht weiter voranbringen.

Mit der Personalnot ist Richter nicht allein: Tatsächlich kommen aktuell im Stellenmarkt der Apothekerkammer in Mecklenburg-Vorpommern auf zwei Gesuche knapp 50 offene Jobs für Apothekerinnen und Apotheker. Auch 16 Stellen für Pharmazeut:innen im Praktikum sind noch offen. Der Fachkräftemangel ist für viele Inhaberinnen und Inhaber auch ein Grund, weshalb Apotheken geschlossen werden, etwa weil keine neue Filialleitung gefunden wird. In Mecklenburg-Vorpommern schlossen im ersten Halbjahr drei Apotheken, damit verbleiben noch 357 Betriebe, bundesweit fiel die Zahl erstmals unter 17.000.

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