Milliardenmarkt für ein gesundes Leben

Longevity: „Apotheken müssen diesen Raum besetzen“

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Berlin -

Carole Holzhäuer betitelt sich selbst als „Die Longevity-Apothekerin“. Seit Jahren widmet sich die Inhaberin der Anthemis-Apotheke in Ansbach dem Thema, das sich zum Gesundheitstrend entwickelt hat. In dem Milliardenmarkt seien die Apothekerinnen und Apotheker zu wenig sichtbar, sagt sie und will dies ändern.

Unter dem Schlagwort Longevity hat sich ein Riesenmarkt entwickelt. „In der Apotheke gibt es dieses Thema schon seit Jahren, früher hat man es Anti-Aging genannt, doch das war negativ besetzt“, sagt Holzhäuer, die seit 2007 selbstständig ist und drei Apotheken führt. Sie bietet verschiedene Genanalysen an, etwa in den Bereichen Ernährung, Prävention, Schönheit, Gewicht oder Cardio.

Longevity sei kein Modethema, betont sie. Sie erlebe täglich in der Apotheke, dass Menschen Orientierung suchten etwa bei Wechseljahresbeschwerden, wenn in der Praxis nur Standard-Hormone angeboten würden. „Es braucht gerade jetzt ein neues Verständnis von Beratung: individuell, fundiert und strukturiert.“ Denn viele Anbieter versprächen viel, aber lieferten wenig. „Wir kombinieren Mikronährstoffe, Analysen und Rezepturen zu einem System, das wirkt, in der Beratung und in der Apotheke“, so Holzhäuer, die die Firma GenCheckup mitgegründet hat und für die Analysen mit Laboren zusammenarbeitet.

Wir Apotheker sind Allrounder, wir verstehen die Zusammenhänge.

„Das Individuum ist am wichtigsten, man kann tracken so viel man will, die Interpretation ist entscheidend“, sagt sie. Das könnten Apothekerinnen und Apotheker oder Ärztinnen und Ärzte. „Wir Apotheker sind Allrounder, wir verstehen die Zusammenhänge.“ Doch beim Thema Longevity würden die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten noch nicht genug gehört. Holzhäuer will deshalb Schulungen anbieten, um dies zu ändern. „Apotheken müssen diesen Raum besetzen. Es geht nicht, dass die Menschen lieber zu irgendeinem Gesundheitscoach gehen, als in die Apotheke.“

Longevity – ein Milliardengeschäft

Auch beim Meinungsforschungsinstitut Iqvia hat man den Trend erkannt. Der Umsatz, der dem Begriff zugeordnet werden kann, liegt demnach bei rund 9,1 Milliarden Euro – ein Plus von knapp 5 Prozent im Fünf-Jahresvergleich. Es lassen sich tausende Produkte bei den Recherchen finden, die in die Longevity-Bewegung passen. Dazu zählten klassische OTC-Produkte, aber auch Apps, Ernährungstipps, Bewegungsprogramme oder Mentaltraining.

Das Team um Thomas Heil, der den Geschäftsbereich Consumer Health leitet, stellte sich die Frage, wie man eine stimmige Abgrenzung finden kann. Herausgekommen ist die Trennung zwischen Longevity und Healthy Aging. Letzteres umfasst Produkte, die zur Behandlung von bestimmten Symptomen vorgesehen sind etwa in den Bereichen Haut, Verdauung und Ernährung, Kreislauf, Schlafen und Stimmung, Gewicht oder Selbsttests, die zum Vorbeugen einer bestimmten Alterungs- oder Krankheitssymptomatik verwendet werden. Diese Produkte sind abzugrenzen von einer Behandlung, wie beispielsweise ein Glucose-Test zur Diabetes-Überwachung.

Besondere Wachstumsbringer sind die Unterkategorien „Gesundes Aussehen“ und „Prävention“. Beide Kategorien wuchsen im Vorjahresvergleich um 8 Prozent – doppelt so viel wie der Bereich „Behandlung“, der mit einem Anteil von 59 Prozent noch den Hauptumsatz im Longevity-Markt in der Apotheke ausmacht. In den meisten Produktkategorien sei das Wachstum kürzlich angezogen, was auch auf den Social-Media-Hype um den Trend zurückgehen dürfte. Größte Bereiche in der Apotheke sind Nahrungsergänzungsmittel mit einem Plus von 11 Prozent, Präparate für die Verdauung (plus 14 Prozent) sowie Mittel zur Gewichtsreduktion (plus 12 Prozent), die nach einem Rückgang ein Comeback feiern.

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