Die Gewalt im Notdienst der Apotheken nimmt weiter zu. Neben obszönen Anrufen kommt es auch immer wieder zu Sachbeschädigungen und körperlichen sowie verbalen Angriffen. Am Wochenende musste sich eine Inhaberin zur Wehr setzen, weil sie durch die Notdienstklappe angegriffen wurde. Der Grund: „Ich hatte ein bestimmtes Reinigungsgel nicht vorrätig“, erklärt sie. Den Fall habe sie bereits der Polizei und der zuständigen Apothekerkammer gemeldet.
Am Wochenende kam es im Notdienst einer Apotheke zu einem verbalen und körperlichen Angriff. „Gegen 20 Uhr klingelte ein junger Mann“, berichtet die Apothekerin. „Er fragte mich, ob ich ein Reinigungsgel von Cerave da habe.“ Als sie verneinte, begann der Mann sofort loszuschimpfen. „Er sei Aknepatient und was es für ein Dreck sei, dass hier keine Apotheke geöffnet sei, er musste ewig suchen, um eine zu finden“, schildert sie seine Worte.
„Er hat mich überhaupt nicht zu Wort kommen lassen, so sehr hat er seinen Frust abgelassen“, so die Inhaberin, die zunächst versuchte, in ruhigem Ton zu antworten. „Er warf mir vor, dass ich ihm nichts Alternatives angeboten habe. Aber das konnte ich gar nicht, denn ich kam nicht zu Wort.“ Er wäre ein „verdammter Notfall“, habe er betont.
Deswegen habe sie ihn zunächst weiter schimpfen lassen. „Er war sehr laut und schlug wild mit den Armen um sich“, erklärt sie. „Die Umgebung war zudem nicht menschenleer, sein Geschrei hat auf jeden Fall Aufmerksamkeit erregt, aber eingegriffen hat niemand.“ Als sie dann doch eine kurze Pause nutzte, um das Wort zu ergreifen, schimpfte er wieder los. „Diesmal hat er Kraftausdrücke benutzt und mich persönlich beleidigt. Er ist richtig ausgeflippt“, so die Apothekerin. „Ich konnte ihm auch gar nichts als Alternative anbieten. Es führte kein Weg ran.“ Sie habe Angst bekommen und ihm schließlich gesagt, „dass ich mir sowas nicht anhören muss.“
Als sie daraufhin die Notdienstklappe schließen wollte, langte der Mann mit dem Arm hinein. „Ich musste mich mit aller Kraft gegen die Innenklappe stemmen, um ihn abzuwehren“, so die Inhaberin. „Ich hatte Angst, er schlägt mir ins Gesicht.“ Sie schaffte es schließlich, die Klappe zu verriegeln und schob auch den Vorhang vor das Fenster. „Dann habe ich sofort die Polizei gerufen, so wie ich es dem Mann auch vorher angedroht hatte.“ Parallel dazu habe sie den Vorfall auch der Apothekerkammer gemeldet.
Innerhalb von fünf Minuten trafen die Beamten an der Apotheke ein. „Ich habe alles geschildert und es wurde mir bestätigt, dass man in solchen Situationen immer die Polizei rufen sollte“, erklärt sie. „Ich appelliere auch an meine Kolleginnen und Kollegen in solchen Fällen immer die Polizei zu rufen, denn es muss ein Aktenzeichen geben, mit dem alles dokumentiert werden kann. Nur so können wir uns auch nachhaltig wehren“, sagt sie. Denn leider finde die Gewaltzunahme im Notdienst viel zu wenig Gehör in der Politik. „Ich möchte deshalb alle sensibilisieren, bei Bedrohungen immer die Polizei zu rufen. Wenn wir so etwas nicht publik machen, wird sich auch nichts ändern.“
Es war nicht der einzige Vorfall an diesem Abend. „Am Nachmittag hatte ich schon einen Spaßanruf zu einem juckenden Intimbereich. Das war auch nicht besonders angenehm. Der Telefonterror nimmt im Bereitschaftsdienst leider auch zu“, so die Inhaberin.