Impassfälscher der Polizei melden?

Impfgegner-Anwalt warnt Apotheken

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Berlin -

Wer sich mit einem gefälschten Impfpass in der Apotheke ein Zertifikat erschleichen will, geht das Risiko einer Strafverfolgung ein. Laut einem Urteil des Amtsgerichts Landstuhl dürfen Apothekenmitarbeiter:innen – trotz Verschwiegenheitspflicht – die Polizei einschalten. Rechtsanwalt Michael Bauer aus Augsburg rät zur Vorsicht. Er vertritt als Strafverteidiger eine „Impfgegnerin“ und warnt die Apotheken. Denn die Frage der Datenweitergabe sei noch längst nicht geklärt.

Nach der Verschärfung des Strafrechts wird der „Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse“ mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft – Impfpassfälscher:innen gehen also ein erhebliches Risiko ein, wenn sie sich mit falschen Angaben in der Apotheke ein Zertifikat verschaffen wollen. Durch die Chargen-Kontrolle fallen gefälschte Impfpässe zudem auch leichter auf.

Unter Jurist:innen umstritten ist nach wie vor die Frage, ob Apotheken überhaupt berechtigt sind, die Polizei einzuschalten, wenn sie den Verdacht einer Fälschung haben. Denn gemäß § 203 Strafgesetzbuch (StGB) machen sich Heilberufler:innen strafbar, wenn sie ein fremdes Geheimnis verraten, das ihnen aufgrund ihres Berufs anvertraut worden ist. Dagegen könnte der „rechtfertigenden Notstand“ (§ 34 StGB) stehen. Demnach bleibt die eigene Straftat – hier der Geheimnisverrat – straffrei, wenn nur so eine „Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder eines anderen Rechtsguts“ abgewendet werden kann. So hat beispielsweise das Amtsgericht Landstuhl argumentiert und es Apotheken freigestellt, die Polizei einzuschalten.

Rechtsanwalt Bauer fragt in einem „Rechtstipp“: „Impfpassfälschung? Darf die Apotheke mich bei der Polizei anzeigen?“ Er vertritt selbst eine Mandantin, die einen falschen Impfpass hat. Und als Verteidiger deren müsse er die Verschwiegenheitspflicht ins Feld führen. Damit ließe sich womöglich zumindest ein Beweisverwertungsverbot in einem gerichtlichen Verfahren durchsetzen. Von Gegenstrafanzeigen gegen die Apotheke würde Bauer seinen Mandant:innen allerdings abraten, das sei in der Sache selten hilfreich.

Bauer betont, dass sein „Rechtstipp“ nicht als Aufruf verstanden werden soll. Der Kreis der Adressaten ist dennoch recht eindeutig. „Gleichwohl es verlockend sein mag, sich einen gefälschten Impfpass zuzulegen, so muss dringend auf die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung hingewiesen werden.“ Er verweist auch auf die neue Kontrolle der Chargennummern und zeigt die Konsequenz auf: „Wird dies dann der Polizei gemeldet, so ist man Beschuldigter eines Strafverfahrens.“

Höchstrichterliche Klärung erwartet

Trotz der abschreckenden Wirkung des Urteils aus Landstuhl sei die Frage, ob und inwieweit der rechtfertigende Notstand den Bruch der Verschwiegenheitspflicht rechtfertigt, nach wie vor höchstrichterlich ungeklärt und bleibe strittig, so Bauer. „Es gibt noch keine Entscheidung und solange es die nicht gibt, wird der Verteidiger weiter quengeln.“

Bauer bedauert es, dass den Apotheken keine eindeutige Vorgabe an die Hand gegeben wurde, wie sie sich zu verhalten haben. „Man hätte das regeln können, das ist aber nicht erfolgt“, so der Rechtsanwalt. Die Apotheken säßen daher zwischen den Bäumen – sie sollten einerseits den „Hilfssheriff“ für die Ermittlungsbehörden spielen und gleichzeitig ihrem eigenen Berufsrecht gerecht werden. Der Anwalt ist überzeugt, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und weitere auch obergerichtliche Entscheidungen anstehen.

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