Bremen

Interaktions-Check mit Praxis-Fax

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Berlin -

Eine Faxvorlage soll helfen, die Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker zu verbessern. Das ist die Idee eines Bremer Pilotprojekts zur sicheren Arzneimittelverschreibung. Zu der heutigen Auftaktveranstaltung sind nicht nur Pharmazeuten und Mediziner geladen, sondern auch der Bremer Senator für Gesundheit, Dr. Hermann Schulte-Sasse (parteilos), und Dr. Kirsten Kappert-Gonther von der Grünen Bürgerschaftsfraktion.

Die Idee hinter dem Projekt ist einfach: Apotheker sollen künftig eine Faxvorlage verwenden, wenn sie sich wegen möglicher Interaktionen bei dem behandelnden Arzt rückversichern wollen. Das habe zwei Vorteile, erklärt Klaus Scholz, Vizepräsident der Apothekerkammer Bremen: Einerseits werde die Kommunikation standardisiert, sodass die Inhalte auf einen Blick zu erkennen seien. Andererseits störe das Fax den laufenden Betrieb in der Arztpraxis weniger als ein Anruf.

Das Fax mit dem Titel „Dringende Arztanfrage“ sollen Apotheker dann schicken, wenn die ABDA-Datenbank Interaktionen der drei höchsten Stufen meldet. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass das Fax allzu oft in den Praxen landet. Die Vorlage bietet Raum für das Rezept, eine kurze Beschreibung des Problems und einen Vorschlag der Apotheke. Außerdem findet sich ein Hinweis zu eventuell mitgeschicktem Ausdruck der ABDA-Datenbank. Die Apotheke kann außerdem eintragen, wann der Patient sich erneut melden wird.

Der Arzt, für dessen Rückantwort ebenfalls ein Feld vorgesehen ist, kann ankreuzen, ob das Rezept wie verordnet beliefert werden soll oder der Alternativvorschlag der Apotheke akzeptiert wird. Stattdessen kann er auch einen eigenen Vorschlag machen. Das Fax soll dann umgehend an die Apotheke zurückgesendet werden.

„Die Faxvorlage ist Dreh- und Angelpunkt des Projektes“, erklärt Scholz. Das Verfahren habe den Vorteil, dass jeder Apotheker mitmachen könne – unabhängig davon, welche Software er nutze. Die Faxvorlage soll auf der Webseite der Kammer zum Download bereit gestellt werden. Die Ärzte müssten sie lediglich kennen.

Das Projekt bekannt zu machen und zu bewerben, ist nun das Ziel der Initiatoren Scholz und Dr. Günther Egidi, der bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen die hausärztliche Fortbildung verantwortet. „Deshalb ziehen wir das so groß auf, damit es bekannt wird“, sagt Egidi mit Blick auf die heutige Auftaktveranstaltung, zu der sich 70 Teilnehmer angemeldet haben.

Auch Gesundheitssenator Schulte-Sasse hat sich angekündigt. „Als Gesundheitssenator und Arzt sind mir alle Bemühungen um den sichereren Umgang mit Arzneimitteln ein wichtiges Anliegen“, sagt er. „Die heutige Veranstaltung ist dabei besonders wertvoll, weil sie von praktizierenden Hausärztinnen und Hausärzten selbst initiiert worden ist und keine theoretisch-akademischen Ziele verfolgt.“

Egidi ist überzeugt, man dürfe nicht zu klein anfangen, sondern müsse richtig trommeln, damit allen bewusst werde, dass es Pflicht sei, da mitzumachen. Von Gruppendruck will der Mediziner allerdings nicht reden, „sondern eher von einem Gruppeneffekt“. Auf hausärztlicher Seite sei das Projekt ein Baustein, um die Verordnung zu verbessern. Aus diesem Grund soll es auch Bestandteil der Hausärzteverträge werden.

Gemeinsam wollen Ärzte und Apotheker den Fragebogen in Zukunft weiter anpassen. Dabei geht es auch um die Frage, wann die Pharmazeuten ein Fax schicken sollen – und wann nicht. Ein Streitthema ist beispielsweise die Kombination von Protonenpumpeminhibitoren wie Omeprazol mit Clopidogrel. Dazu gebe es viele Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen, erklärt Scholz. Egidi bestätigt, dass die Warnung der Datenbank in diesem Fall umstritten ist. Das sei ein weiterer Anreiz für die Ärzte, bei dem Projekt mitzumachen, so Egidi: Die ABDA habe zugesagt, substantielle Kritik der Ärzte an den Warnstufen künftig zu berücksichtigen.

Die Idee für das Bremer Projekt entstand vor etwa einem Jahr. Vorbild war ein Pilotprojekt im niedersächsischen Stade: Dr. Guido Schmiemann von der Universität Bremen hatte im Herbst 2013 untersucht, wie die Kommunikation zwischen Apothekern und Ärzten verbessert werden kann. Die größten Probleme sind laut Schmiemann aus Sicht der Apotheken die schlechte Erreichbarkeit und die fehlende Akzeptanz durch die Praxen sowie aus Sicht der Ärzte zu häufige Nachfragen wegen irrelevanter Interaktionswarnungen.

Bis Oktober 2013 hatte die Apothekerkammer Niedersachsen insgesamt acht Seminare zu dem Thema Medikationsmanagement durchgeführt, bei denen die Vorlage für die Kommunikation entwickelt wurde. Schmiemann evaluierte anschließend den ersten Praxistest in Stade.

Das System beruht auf der ABDA-Datenbank, die auftretende Warnmeldungen in acht Kategorien unterscheidet. Die Stufen 1 bis 3 umfassen Schmiemann zufolge Kombinationen, die in bestimmten Situationen kontraindiziert sind. Solche Warnmeldungen würden durchschnittlich einmal am Tag in einer Apotheke auftreten.

Eine Befragung der Apotheker und Ärzte ergab, dass die meisten das Management von schweren Interaktionen als ein relevantes Problem sehen und nur die Hälfte meint, dass die Kommunikation ohne Probleme laufe.

Die Faxvorlage könne, so das Ergebnis der Evaluation, aus Sicht von zwei Dritteln der Apotheker und Ärzte „die Kommunikation in Bezug auf eine schwere Interaktion verbessern“, so die Apothekerkammer. 59 Prozent der Apotheker wollten das Instrument zukünftig im Alltag einsetzen. Seit März 2014 steht die Faxvorlage allen Apothekern zum freien Herunterladen auf der Website der Apothekerkammer Niedersachsen zur Verfügung.

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