Wundermittel und Influencer-Werbung

Apotheker: „Wir bleiben ehrlich“

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Berlin -

Apothekerinnen und Apotheker warnen vor den Folgen von Falschaussagen bei der Online-Werbung für Nahrungsergänzungsmittel. Als Beispiele nannten sie gefälschte Videos oder Dopplungen wegen Influencer-Aussagen. „Wir als Apotheke vor Ort bleiben da ehrlich“, sagt Johannes Jaenicke von der Adler-Apotheke in Rhaunen. „Als Landapotheke genießen wir zum Glück noch einen großen Vertrauensbonus bei der Bevölkerung.“

Jaenicke macht auf die Risiken von Medikamentenwerbung im Internet aufmerksam. „Immer häufiger taucht im Netz Werbung für angebliche Gesundheitsprodukte und ‚Wundermittel‘“ auf – oft mit gefälschten Videos, in denen bekannte Persönlichkeiten wie Politiker oder Schauspieler als angebliche Unterstützer gezeigt werden“, sagt er. Doch diese Aufnahmen seien meist mit Künstlicher Intelligenz produzierte Fälschungen.

Die darin beworbenen Mittel seien oft wirkungslos oder sogar gesundheitsschädlich. „In manchen Fällen wird mit völlig unrealistischen Heilversprechen geworben.“ Etwa damit, dass Nahrungsergänzungsmittel den Blutdruck regulierten oder Krankheiten heilen könnten. Da die dahinterstehenden Anbieter oft kein Impressum hätten, sei es schwierig, rechtlich gegen sie vorzugehen.

Der Apotheker verweist auf die Vor-Ort-Apotheke. Patientinnen und Patienten sollten kritisch sein, insbesondere bei immer echter wirkenden KI-Inhalten. Rat dazu sollte in der Vor-Ort-Apotheke eingeholt werden. „Wir forschen nach, wir recherchieren.“ Im Anschluss werde „ehrlich“ gesagt, ob die angepriesenen Produkte wirklich etwas taugten. „Wir verurteilen auch keinen, wenn er uns erzählt, dass er mal im Internet gestöbert hat, sondern sehen uns hier als ehrlichen Aufklärer, der natürlich auch mal abrät von einem Kauf. Dazu kennt man sich auf dem Land auch zu gut. Fairness und Ehrlichkeit wird hier noch mit Treue honoriert.“

Schwächen sieht er bei der Politik: Dort erachte man diesen aktiven Verbraucherschutz durch die Apotheken anscheinend nicht mehr als notwendig. „Wenn uns die Vergütung seit 20 Jahren nicht erhöht wird, dann zwingt man uns auch immer mehr, zu Kaufleuten zu werden.“ Für die Gesellschaft bedeute dies einen echten Verlust, wenn die wirtschaftliche Unabhängigkeit auch einmal „nein“ zu sagen verloren gehe.

Falscheinnahme wegen Influencer-Werbung

Auch Carole Holzhäuer kennt die Auswirkungen von Influencer-Werbung. In der vergangenen Woche sei ein Patient mit fünf Packungen verschiedener Nahrungsergänzungen in die Anthemis-Apotheke in Ansbach gekommen. Alle sollten gut für seine Zellen sein. Am Ende habe er zu viel Zink eingenommen. „In der Praxis sehe ich das täglich: Doppelungen durch Influencer-Empfehlungen“, sagt sie. Ein Problem sei die fehlende Basis, weil ein wichtiges Glied in der Kette übersehen werde. Es werde viel Geld ausgegeben, aber wenig Wirkung erzielt.

Es gehe nicht um einen Vorwurf an die Patient:innen: Sie wollten etwas Gutes tun, aber landen bei einer unkoordinierten Sammlung. „Die Herausforderung für uns in der Apotheke ist dann, Orientierung zu geben. Nicht alles wegräumen, sondern sortieren: Was passt? Was ist doppelt? Und wo fehlt vielleicht die Basis?“

Spannend sei, dass Kund:innen meist sehr dankbar reagierten, wenn man das für sie verständlich mache. Denn am Ende suchten sie keine Influencer-Meinung, sondern Sicherheit. Genau das sei moderne Beratung.

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