„Forecast-Rechnung macht kaum ein Steuerberater“

12.000 Euro Betriebsergebnis: Tückische Sicherheit

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Berlin -

Die steigenden Kosten können gerade für kleinere Apotheken zum Problem werden. Denn gerade in kleineren Betrieben bleibt den Inhaberinnen und Inhabern oft nicht viel Zeit für eine finanzielle Analyse. Diese sei notwendig, auch wenn das Betriebsergebnis zunächst passabel erscheint, sagt Berater Holger Gec. Er betreut Fälle, bei denen sich die Chefinnen und Chefs in „falscher Sicherheit“ wiegten.

Das durchschnittliche Betriebsergebnis soll auch im kommenden Jahr wieder bei rund 164.000 Euro liegen. Das geht aus einer Prognose der Treuhand Hannover hervor. Allerdings rechnet man dort mit weiter steigenden Kosten, die die Apotheken belasten werden. Auch der geplante Notdienstzuschlag kann die ausbleibende Honorarerhöhung nicht wettmachen.

Gec warnt angesichts der ausbleibenden Anhebung des Fixums vor einer falschen Interpretation des Betriebsergebnisses. „Wenn unterm Strich 12.000 Euro pro Monat stehen, bleibt am Ende nicht viel übrig. Das vermeintlich hohe Betriebsergebnis erweist sich bei genauem Hinsehen als tückisch.“ Er rechnete jüngst einer Kundin vor, was davon noch alles abgehe.

Studium mit BWL-Lücken

Denn wenn die Apothekerversorgung, die Krankenversicherung – unter Umständen auch noch für Kinder –, die Einkommensteuer und die Kredittilgung für die Apotheke und womöglich noch für eine Immobilie abgezogen würden, bleibe nicht mehr viel zum Leben. „Ich habe sie dann gefragt, ob ihr Partner mit dazu verdiene“, sagt Gec.

In seinen Beratungen stellt er oft fest, dass Inhaberinnen und Inhaber mit einem niedrigen zweistelligen Betriebsergebnis im Monat zufrieden seien. Doch es handele sich um eine tückische Sicherheit. „Vor allem, wenn man noch Rücklagen bilden will – da bleibt nichts mehr übrig. Viele erwachen und erschrecken, wenn man ihnen das vorrechnet.“

Tatsächlich gebe es in der Branche einen Missstand, was die richtige Interpretation der eigenen Betriebszahlen angehe, sagt er. „Eine echte Forecast-Rechnung machen nur ganz wenige Steuerberater.“

Oft spürten Inhaberinnen und Inhaber, dass es finanziell nicht richtig laufe, wollten dies aber nicht wahrhaben. „Sie scheuen sich, die Wahrheit zu sagen und diese anzunehmen.“ Gerade bei Selbstständigen, die Betriebe von ihren Eltern übernähmen, gebe es Defizite im betriebswirtschaftlichen Denken. „Damit gerade beim Thema Nachfolge zukünftige Inhaberinnen und Inhaber nicht selbst teure Erfahrungen machen und Fehleinschätzungen treffen, sind klare Hilfestellungen und Begleitung wichtig.“

Dabei sei Zielklarheit, wo man mit der Apotheke hinwolle, wichtig. Daraus entwickele sich der Weg, der mit dem Team eingeschlagen werde. Auch die Mittel, also was dafür gebraucht werde, sei eine weitere unverzichtbare Fragestellung.

Vollkostenrechnung für Apotheker

Gec empfiehlt eine echte „Vollkostenrechnung“. In dieser sollten jegliche Ausgaben – auch etwa für Apps oder andere Medien sowie Lebensmittel – mit einfließen. Auch die Ein- und Ausgaben des Partners sollten mitkalkuliert werden. „Ich stelle leider oft fest, dass grundlegende betriebswirtschaftliche Kenntnisse fehlen. Viele wissen nicht, wie Aufschläge berechnet werden oder was die Unterschiede zwischen Bar- und Naturalrabatt ist.“ Betriebswirtschaftliches Know-how und Kenntnisse würden in der Ausbildung nicht vermittelt und so fehlten die notwendigen Kenntnisse.

Apotheken, bei denen weniger als 100.000 Euro pro Jahr als Betriebsergebnis übrig bleibt, gibt es zahlreich: Laut der jüngsten Treuhand-Analyse verzeichnen 43 Prozent der Apotheken in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern ein Betriebsergebnis unter dieser Schwelle. In Orten mit mehr als 10.000 Einwohnern sind es 35 Prozent und in ländlichen Regionen mit weniger als 10.000 Einwohnern nur 28 Prozent.

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