In nur einem Jahr

Fünfmal so viele Cannabis-Apotheken

, Uhr
Berlin -

Seit dem Inkrafttreten des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG) im April 2024 hat sich der Markt für medizinisches Cannabis in Deutschland rasant entwickelt. Eine Analyse von Grünhorn zeigt: Die Zahl der auf Cannabis spezialisierten Apotheken hat sich innerhalb eines Jahres von rund 50 auf mehr als 250 verfünffacht. Parallel drängen Plattformen mit Kampfpreisen in den Markt – durch ein strukturelles Überangebot ändern sich die wirtschaftlichen Spielregeln. Der Branchenprimus fordert eine Stärkung der Anbieter, die auf Qualität und Beratung setzen.

Laut Analyse ist das Importvolumen von 32 Tonnen (2023) auf 72 Tonnen (2024) gestiegen. Hauptlieferanten sind europäische Produzenten mit einem Volumen von mehr als 33 Tonnen sowie kanadische Anbieter wie Aurora und Tilray, die traditionell über EU-GMP-zertifizierte Lieferketten verfügen.

Die durchschnittlichen Abgabepreise sind demnach im selben Zeitraum von 9,98 auf 9,06 Euro pro Gramm gefallen, was einem Rückgang von fast 10 Prozent entspricht. Im Juni 2025 liegt der Durchschnittspreis bei 8,77 Euro.

Grafik zeigt Preisverfall bei Cannabis
Gleichzeitig sinken die Preise.Grafik: Grünhorn

Auffällig ist die Korrelation mit der Zusammensetzung: Produkte mit einem niedrigen THC-Gehalt vergünstigten sich im Preis deutlich stärker als hochpotente Sorten. So sanken beispielsweise die Preise für Produkte mit einem THC-Gehalt von 15 bis 20 Prozent zwischen April 2024 und Mai 2025 um ganze 24 Prozent. Sorten mit einem THC-Gehalt von über 25 Prozent verzeichneten dagegen nur einen Rückgang von rund 10 Prozent.

Marktumfeld wird herausfordernder

Während die Patientinnen und Patienten laut Grünhorn von einer besseren Verfügbarkeit, breiteren Produktpaletten und sinkende Kosten profitieren, bringt das veränderte Marktumfeld für die Anbieter neue Herausforderungen mit sich. Dies gilt insbesondere durch den intensiver werdenden Preiswettbewerb auf digitalen Plattformen und Vergleichsdiensten.

So zeigt sich laut Grünhorn ein Preisgefälle zwischen den Apotheken mit umfassender Beratung und neuen Marktteilnehmern, die stark auf Preiswettbewerb setzen. „Wir sehen, dass neue Marktteilnehmer bewusst auf aggressive Preismodelle setzen, um sich zu positionieren“, erklärt CEO Stefan Fritsch. „Das ist nachvollziehbar – aber es bringt auch Risiken mit sich: Wer langfristig unter Produktionskosten abgibt oder zu hohe Bestände aufnimmt, riskiert wirtschaftliche Instabilität.“ Denn Medizinalcannabis unterliege pharmazeutischen Standards und müsse unter besonderen Bedingungen gelagert werden. Kurzfristig nicht abgesetzte Ware könne verfallen.

„Wir sehen keine Gefährdung des Zugangs für Patient:innen“, so Fritsch. „Aber der Markt wird sich verändern: Einige Apotheken werden sich zurückziehen, Hersteller müssen effizienter wirtschaften. Der Konsolidierungsdruck steigt.“

Grafik zeigt Anstieg bei Cannabis-Sorten
Die Produktvielfalt nimmt zu.Grafik: Grünhorn

Aus seiner Sicht braucht es daher eine differenzierte Betrachtung: Preissignale seien wichtig, doch ebenso entscheidend seien langfristige Qualitätsstandards, Beratungskompetenz und Planungssicherheit für Apotheken. Dazu gehöre auch die politische Diskussion über die regulatorische Zukunft von medizinischem Cannabis.

Aus Sicht von Grünhorn sind verlässliche Rahmenbedingungen sowohl für die kontinuierliche Therapieversorgung von Patient:innen als auch für die wirtschaftliche Planungssicherheit der Apotheken von entscheidender Bedeutung. „Politische Stabilität und klare regulatorische Leitlinien bilden das Fundament einer qualitativ hochwertigen Patient:innenversorgung“, so Fritsch.

Grünhorn ist aus der Apotheke im Paunsdorf-Center in Leipzig hervorgegangen, die bis vor einigen Jahren mit Apo-Discounter zu den führenden Versandapoptheken gehörte. Mittlerweile hat die Familie um Kirsten und Helmut Fritsch den Versender verkauft und sich auf die Centerapotheke und das Cannabis-Geschäft fokussiert.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte