Kommentar

SPD: Alte Lieder, neue Strophe

, Uhr
Berlin -

Da standen sie und sangen. Wann wir schreiten Seit’ an Seit’. Die SPD fühlt sich nach ihrem Parteitag „inhaltlich und personell gestärkt“ – und will als linke Volkspartei ab 2013 wieder regieren. Doch wenn sich die Sozialdemokraten die Macht nicht mit der Union teilen wollen, müssen sie noch zulegen. Im Lager der Apotheker Stimmen zu fangen, ist derzeit eigentlich nicht besonders schwer. Doch die Genossen stellen sich dabei ungeschickt an: Nicht nur, weil sie plötzlich für Apothekenketten sind. Sondern auch, weil niemand so recht erklären kann, warum das so ist.

 

„Den Arzneimittelvertrieb werden wir liberalisieren, um Preisvorteile von größeren Vertriebsstrukturen zu erreichen“, steht im Leitantrag, der beim Parteitag als Beschluss Nummer 59 durchgewunken wurde. Bis zuletzt hatte der Passus gestrichen werden sollen – mal auf Initiative der sächsischen Gesundheitsexpertin Dr. Marlies Volkmer, mal angeblich auf Betreiben der saarländischen Abgeordneten Elke Ferner. Passiert ist nichts, der Antrag ist durch.

Natürlich sind solche Beschlüsse nicht mehr als Tinte auf Papier. Aber so kann man als reanimierte Volkspartei schlecht argumentieren. Der ominöse Kettenantrag gilt jetzt bis zur nächsten Wahl. Dass niemand für diese Forderungen den Kopf hinhalten will, ist richtig verstörend: Weder die Arbeitsgruppe Gesundheit noch die Fraktion wollten mit dem ursprünglichen Vorstandsbeschluss etwas zu tun gehabt haben. Auch die Parteispitze duckte sich weg: Ein Leitantrag dürfe in seiner Zielgenauigkeit nicht überschätzt werden.

Der SPD hilft das nicht: „Für alle“ ist die sozialdemokratische Gesundheitspolitik schon deswegen nicht, weil die Apotheker wieder einmal als vermeintliche Profiteure der Klientelpolitik von Union und FDP an den Pranger gestellt werden. Ausgrenzung nennt man das, nicht Sozialdemokratie.

Der gestrige Beschluss ist auch deswegen so bizarr, weil die SPD eigentlich mehr Mitsprache für die Basis durchsetzen will. Doch genau wie seinerzeit bei den Grünen hängt die Zukunft der Apotheken offenbar an Einzelpersonen – die sich bei der Ökopartei immerhin zu erkennen gegeben haben. Bei der SPD nicken die Delegierten Beschlüsse ab, die in irgendwelchen Hinterzimmern von Unsichtbaren formuliert werden. Die Sozialdemokraten sind beim Thema Apothekenketten gestern an sich selbst gescheitert.

 

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
„Ich habe eine Rechnung für ‚Nichtstun‘ erhalten.“
Audit verweigert: AfP will 326 Euro
Feld nicht den Versendern überlassen
Card Link: Gedisa bringt standeseigene Lösung
Mehr aus Ressort
Marburger Bund punktet bei Tarifverhandlungen
Unikliniken: 10 Prozent mehr bei reduzierter Stundenzahl
Keine Kassenleistung mehr
FDP will Homöopathie streichen

APOTHEKE ADHOC Debatte