Kommentar

Fremde Finger in der Kitteltasche

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Berlin -

Es ist ein Kampf gegen einen übermächtigen Gegner: Niedergelassene Onkologen wollen sich von Krankenhäusern nicht länger die Patienten wegschnappen lassen. Allerdings stehen sie schlecht da, denn die Klinikkonzerne können mit geballter Kompetenz und noch mehr Geld aufwarten – zu großen Teilen aus der eigenen Apotheke, so das Fazit eines Gutachtens. Die Onkologen wollen Waffengleichheit. Doch jetzt auf Gelder aus den Apotheken zu schielen, erscheint wenig Erfolg versprechend.

Man kann den Frust der Onkologen durchaus nachvollziehen. Es macht keinen Spaß zu kämpfen, wenn der Gegner alle Trümpfe hat. Die Mediziner fühlen sich übervorteilt von Konzernen, die deutlich mehr Mittel haben und defizitäre Leistungen quersubventionieren können – und im Zweifel von ihren Trägern gerettet werden.

Auf der Suche nach einer Lösung aus der Misere ließen sich die niedergelassenen Ärzte von Professor Dr. Justus Haucap beraten, der als Chef der Monopolkommission vor fünf Jahren gleich in mehreren Gutachten noch für Apothekenketten und freie Preise mobil gemacht hatte. Nun steht er ganz auf der Seite der freien Heilberufler in ihrem Kampf gegen Klinikkonzerne.

Für Haucap ist klar: Die klinikeigenen Apotheken sind eine Hauptursache des Problems. Denn nur weil die Krankenhausbetreiber dank der Apotheken auf üppige Finanzreserven zugreifen können, sind sie in der Lage, den Kollegen vor Ort die Patienten wegzuschnappen. Diese Verknüpfung zwischen Ärzten und Apotheken gehöre daher abgeschafft.

Allerdings scheint diese Forderung schwierig umzusetzen. Haucap setzt stattdessen auf Kooperationen zwischen niedergelassenen Ärzten und Vor-Ort-Apothekern. Ganz wichtig dabei: Die Ärzte müssen – wie im Krankenhaus – an den Gewinnen partizipieren. Ihm schweben Apotheken mit Ärztebeteiligung oder Joint Ventures vor. Das Edikt von Salerno lässt sich leichter negieren als die Macht der Klinikkonzerne.

Allerdings wurde dabei nicht berücksichtigt, dass es den Vor-Ort-Apotheken nicht anders geht als den niedergelassenen Ärzten: Zwar dürfen die Klinikapotheken Arzneimittel nur für die stationäre Versorgung bereit stellen. Allerdings gibt es Ausnahmen, etwa im Zusammenhang mit dem ambulanten Operieren oder der ambulanten Behandlung von Krebspatienten. Und dabei sparen die Kliniken sogar die Mehrwertsteuer – bei diesen teuren Arzneimitteln ist das nicht wenig.

Apotheker und Onkologen stehen vor denselben Herausforderungen. Der Vorschlag, gemeinsam eine Konkurrenzstruktur zu den Kliniken zu entwickeln, ist daher gut. Allerdings sollten die Ärzte und Apotheker dann tatsächlich gemeinsam gegen die Konzerne kämpfen. Noch vor Beginn des Kampfes in die Tasche des Kameraden zu greifen, ist nicht die Art der Zusammenarbeit, die zum Ziel führt.

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