Zuschlag für Handelskonzern

Datenhub: Abda setzt auf Schwarz-Gruppe

, , Uhr
Berlin -

Die Abda hat einen neuen Partner für ihren Datenhub gefunden. Der Zuschlag ging an StackIT, eine Tochterfirma des Handelskonzerns Schwarz (Lidl, Kaufland).

Ein Abda-Sprecher bestätigt, dass man beim Datenhub mit dem Unternehmen StackIT zusammenarbeite. Warum sich die Abda für die Firma entschieden hat, wollte der Sprecher nicht verraten: Man wolle sich derzeit nicht weiter zu dem Thema äußern.

StackIT gehört zur Schwarz-Gruppe und damit zum viertgrößten Handelskonzern der Welt. 2018 gegründet, um die digitale Transformation der verschiedenen Sparten voranzutreiben, gehört das Unternehmen mit Sitz in Heilbronn seit 2022 nicht mehr zu Schwarz IT, sondern ist eigenständig. Aber: „Als Unternehmen der Schwarz Gruppe genießen wir höchste wirtschaftliche Solidität, auch in Krisenzeiten – denn ‚gegessen wird immer‘“, heißt es auf der Website.

Ziel von StackIT ist es, auf Basis der eigenen Cloud-Plattform ein europäisches digitales Ökosystem aufbauen. Dazu arbeitet das Unternehmen unter anderem mit der Unternehmensberatung Deloitte zusammen. Alle Rechenzentren befinden sich laut Firmenangaben in Deutschland und Österreich und garantieren, dass sämtliche Daten nach den strengen europäischen Datenschutzstandards behandelt werden – „vollständig DSGVO-konform ohne Kompromisse“. Auch durch Technologien wie Confidential Computing soll der Datenschutz schon während der Verarbeitung sichergestellt werden. Die Infrastruktur wird zudem regelmäßig durch unabhängige Prüfungen und Zertifizierungen validiert.

All das könnte – neben dem Preis – ausschlaggebend für die Abda gewesen sein. Denn laut Ausschreibung soll der Datenhub höchste Sicherheits- und Datenschutzstandards gewährleisten. „Er wird das Zentrum der Datenerhebung, -konsolidierung und -analyse für die organisierte Apothekerschaft darstellen.“ Ziel sei es, statistische Analysen auf Basis von Apothekendaten durchzuführen, um „Fragestellungen in Bezug auf die Gesamtheit der Apotheken zu beantworten“.

Oesterle als Treuhänder

Das Angebot von SlackIT muss so überzeugend gewesen sein, dass die Zugehörigkeit zur Schwarz-Gruppe nicht als problematisch betrachtet wurde. Tatsächlich ist wohl nicht davon auszugehen, dass Apothekendaten das für sie gedachte Umfeld verlassen könnten. Dennoch könnten für Apotheken, die ihre Daten einspeißen sollen, ein Geschmäckle bleiben. Ein weiteres pikantes Detail: Der frühere Celesio-CEO Dr. Fritz Oesterle fungiert in der Schwarz Unternehmenstreuhand als einer der Statthalter von Firmenchef Dieter Schwarz.

Daten aus der Warenwirtschaft

Mit dem Daten-Hub sollen kontinuierlich Informationen aus der Warenwirtschaft gezogen werden, auch betriebswirtschaftliche und sozioökonomische Kennzahlen sollen erfasst werden. In die Projektphase 3 fließt erneut ein Millionenbetrag, ohne dass bislang klar ist, ob überhaupt genügend Apotheken derart vertrauliche Informationen offenlegen.

Wie aus internen Unterlagen hervorgeht, sollen nämlich nicht nur Produkt- und Abverkaufsdaten erhoben werden, sondern auch Informationen zum Wareneingang wie Mengen und Preise sowie zu den jeweiligen Beständen in der Apotheke. Zu den geplanten Transaktionsdaten im Einkauf gehören auch Lieferanten, Rabatte und Skonti, die Verfügbarkeit beim Großhandel und die Lieferdauer sowie Verfalldaten. Auch Retouren sollen erfasst werden.

Protokollierte Abverkäufe

Bei den Verkäufen sollen nicht nur Preise, Kostenträger und Abschläge erfasst werden, sondern auch Uhrzeiten, Kundentyp und Zahlungsmittel sowie gegebenenfalls Couponing-Anteil. Mit Blick auf Engpässe werden Neinverkäufe protokolliert. Dazu kommen Botendienste inklusive Tourenzahl und Entfernung, Rezepturen sowie „Nacht- und Notdienstaktivitäten“.

Grundlage für die geplanten Auswertungen bilden die Strukturdaten der jeweiligen Apotheke, darunter „Apothekentyp“, Rechtsform, Infrastruktur, Spezialisierungen, Öffnungszeiten und Kundenfrequenz. Angaben zum Verbund beziehungsweise Filialen gehören ebenso dazu wie zur Anzahl der Angestellten beziehungsweise Personalstruktur und zur technischen Ausstattung der Apotheke. Services wie pharmazeutische Dienstleistungen, Impfaktivitäten, aber auch Verblisterung, Abgabe von Cannabisblüten, Opioidsubstitution sowie Abgabe von Verband- und Hilfsmitteln sollen ebenfalls im System hinterlegt werden.

In einer späteren Ausbaustufe soll auch die Kostenstruktur der Apotheke erfasst werden, zusätzlich der Personalaufwand im Zusammenhang mit konkreten Aufgaben, am besten minutengenau. Hinzu kommen sollen dann auch Z-Daten, die beispielsweise bei der Abrechnung von Rezepturen oder Teilmengen generiert werden. Über einen direkten KIM-Kanal in die Warenwirtschaft sollen Befragungen durchgeführt werden.

Verschiedene Schnittstellen

Während viele Daten täglich oder wöchentlich über eine Adas-Schnittstelle direkt aus der Warenwirtschaft übermittelt werden sollen, denkt die Abda auch über weitere Quellen nach. Als zentrale ID könnte beispielsweise die N-ID der NGDA genutzt werden, während die Apothekenstammdaten auch von der Verbändetochter Gedisa kommen könnten. Ein weiterer Anbieter könnte Iqvia sein. Der US-Marktforschungskonzern war über seine Tochterfirma Davaso/Comline bereits als Partner bei der bisherigen Konzeption des Datenhubs beteiligt. Für sozioökonomische Daten könnte außerdem auf Anbieter wie Panadress zurückgegriffen werden.

Pseudonym für Apotheke

Während einerseits eine „hohe Nutzbarkeit der Daten“ geplant ist, soll gleichzeitig ein hohes Maß an Datenschutz sichergestellt sein. „Dies stellt sicher, dass die Analysen und Einblicke aus den Daten gewonnen werden können, ohne dabei die Vertraulichkeit oder Privatsphäre der ursprünglichen Informationen zu gefährden.“ Zusätzlich zu den rechtlichen Vorgaben gebe es daher die interne Anforderung, dass „keine kritischen privaten Informationen zu einzelnen Apotheken durch Abda-Mitarbeiter erhoben werden dürfen“.

Zu diesem Zweck wurde ein dynamisches Anonymisierungskonzept entwickelt: „Die Daten werden zunächst in ausschließlich pseudonymisierter Form im Rohdaten-Archiv gespeichert, sind jedoch nicht für Analysen zugänglich.“ Alle Informationen, die Rückschlüsse auf die Apotheke zulassen können, sollen durch eine pseudonyme ID ersetzt werden. „Eine Entschlüsselung der Daten darf nur dann erfolgen, wenn es zur Analyse akut erforderlich ist.“

Cluster als Grundlage

Außerdem soll eine Analyse nur in aggregierter Form möglich sein. Dabei setzt das Abda-Konzept auf Cluster von mindestens zehn Apotheken, wobei für einzelne Parameter dann mindestens vier Apotheken zusammengefasst werden müssen. Dies soll zusätzlich eine „Selektion von gezielten feingliedrigen Gruppen“ verhindern.

Ohnehin soll der Nutzerkreis stark beschränkt sein, maximal 15 Mitarbeitende der Geschäftsstelle sollen Zugriff bekommen. Dabei soll jede Abfrage durch einen Administrator freigegeben werden. Da sich ab einer gewissen Anzahl von Mehrfachanfragen ein datenschutzrechtliches Risiko ergeben kann, soll diese nur Nutzern mit hohem Vertrauen ermöglicht werden. Dies soll eine „höhere Analysequalität und Benutzerfreundlichkeit“ kann, während die Ergebnisse trotzdem ausreichend anonym bleiben.

Bislang hatte man mit Comline zusammengearbeitet, einer Tochter der Retaxfirma Davaso, die ihrerseits von Iqvia übernommen wurde. Doch offenbar haben sich die Erwartungen beider Partner nicht erfüllt. Jedenfalls war der ursprünglich für die erste Jahreshälfte 2025 geplante Start ein Jahr nach hinten gerutscht. 2026 soll es losgehen. Die aktuell laufende Projektphase III ist laut Abda-Angaben mit insgesamt knapp 1,2 Millionen Euro budgetiert, während die jährlichen Betriebskosten mit knapp 500.000 Euro beziffert werden.

Guter Journalismus ist unbezahlbar.
Jetzt bei APOTHEKE ADHOC plus anmelden, für 0 Euro.
Melden Sie sich kostenfrei an und
lesen Sie weiter.
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Antworten werden nicht übermittelt
Gedisa-App: Apotheker kritisiert Chatprobleme
Mehr aus Ressort
„Werden da eine gute Lösung hinbekommen“
GKV-Beiträge: Warken baut auf Länder-Kompromiss