Union und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf einen ganzen Katalog von Vorhaben für die nächsten vier Jahre geeinigt. Allerdings müssen die Gremien der künftigen Regierungsparteien dem Programm noch zustimmen. Und alles steht nach den Worten von SPD-Chef Lars Klingbeil unter dem Vorbehalt, dass es auch finanziert werden kann.
Ein Überblick:
Die Koalition will Cannabis für Erwachsene auf den Prüfstand stellen – eine Rücknahme wurde aber nicht im Koalitionsvertrag festgeschrieben. „Im Herbst 2025 führen wir eine ergebnisoffene Evaluierung des Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis durch“, heißt es im gemeinsamen Dokument. Eine erste Evaluierung sieht das geltende Gesetz bereits vor.
CDU und CSU hatten in ihrem Wahlprogramm aufgenommen, das Cannabis-Gesetz der Ampel-Koalition wieder abzuschaffen. Es lässt seit 1. April 2024 das Kiffen für Volljährige mit zahlreichen Beschränkungen zu. Erlaubt ist der Anbau von bis zu drei Pflanzen in Privatwohnungen, aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis. Zulässig sind auch nicht-kommerzielle „Anbauvereinigungen“ mit bis zu 500 Mitgliedern. Für Jugendliche unter 18 Jahren bleibt Cannabis verboten.
Das staatliche Vorgehen in der Corona-Krise soll nach Plänen von Union und SPD vom Bundestag aufgearbeitet werden. „Wir werden die Corona-Pandemie umfassend im Rahmen einer Enquete-Kommission aufarbeiten, insbesondere um daraus Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse abzuleiten“, vereinbarten CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag.
In der vergangenen Wahlperiode war eine umfassende Analyse und Auswertung der Schutzmaßnahmen mit Masken, Tests und Alltagsvorgaben nicht zustande gekommen. Enquete-Kommissionen des Bundestags gehören Abgeordnete und Experten aus Wissenschaft und Praxis an. Sie legen dem Parlament in der Regel einen Abschlussbericht vor.
Die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen soll gesenkt werden, und zwar in etwa zwei Jahren. Der umstrittene Solidaritätszuschlag bleibt wie bisher für einkommensstarke Bürger und Unternehmen.
Die Pendlerpauschale ab 2026 soll schon ab dem ersten Kilometer bei 38 Cent liegen. Das Deutschlandticket für den Nahverkehr soll nach 2025 erhalten bleiben. Nutzer müssen sich von 2029 an auf Preiserhöhungen einstellen. Derzeit kostet das Deutschlandticket 58 Euro im Monat.
Zur Entlastung von Unternehmen sollen zuerst steuerliche Abschreibungsregeln angepasst werden. Für 2025, 2026 und 2027 soll auf Ausrüstungsinvestitionen eine degressive Abschreibung von 30 Prozent gelten. Danach soll ab 2028 die Körperschaftsteuer schrittweise sinken.
Zur Entlastung der Wirtschaft ist auch geplant, das deutsche Lieferkettengesetz abzuschaffen. Stattdessen soll die EU-Lieferkettenrichtlinie mit wenig Bürokratie umgesetzt werden.
Die Koalition will sparen. In der Bundesverwaltung sollen in vier Jahren acht Prozent der Stellen abgebaut werden – mit einer Ausnahme für Sicherheitsbehörden. Es soll nur noch halb so viele Beauftragte des Bundes geben. Bei Förderprogrammen und Beiträgen für internationale Organisationen soll insgesamt eine Milliarde Euro eingespart werden.
Kommunen mit erdrückenden Altschulden will man unter die Arme greifen. Der Bund soll 250 Millionen Euro pro Jahr zu Entschuldungsmaßnahmen der Länder beisteuern. Damit soll sich der Bund zur Hälfte beteiligen, wenn Länder übermäßige Kassenkredite ihrer Kommunen übernehmen.
Es bleibt bei der Ansage aus den Sondierungsgesprächen: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“ Es sollten alle rechtsstaatlichen Maßnahmen gegen irreguläre Migration greifen. Das Asylrecht bleibe aber erhalten.
Die von der Ampel-Regierung beschleunigte Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut integrierte Zuwanderer soll wieder abgeschafft werden. Die Wartefrist für normale Einbürgerungen soll bei fünf Jahren bleiben, ebenso die Erlaubnis für den Doppelpass. Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sollen zwei Jahre lang keine Familienangehörigen mehr nach Deutschland holen dürfen.
Das Heizungsgesetz wollen die künftigen Koalitionäre streichen. Ein neues Gebäudeenergiegesetz solle „technologieoffener, flexibler und einfacher“ werden. Energieintensive Unternehmen sollen mit einem Industriestrompreis entlastet werden.
Das heutige Rentenniveau von 48 Prozent soll bis 2031 gesetzlich festschreiben werden. Die Kosten dafür sollen aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Die Mütterrente soll mit drei Rentenpunkten für alle gelten, unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder. Auch das soll aus der Steuerkasse gezahlt werden.
Die Bedingungen für das bisherige Bürgergeld sollen verschärft werden, also auch Mitwirkungspflichten im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern. Im Extremfall soll ein „vollständiger Leistungsentzug“ möglich sein, wenn Menschen immer wieder zumutbare Arbeit ablehnen. Die Leistung soll künftig „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ heißen.
Statt des üblichen Acht-Stunden-Tags könnte es künftig einen wöchentlichen Rahmen für die Arbeitszeit geben. Das Vorhaben soll in Absprache mit Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgestaltet werden. Für nächstes Jahr wird ein Mindestlohn von 15 Euro in der Stunde angepeilt.
Das Bafög soll nächstes Jahr erhöht werden. Die im Bafög enthaltene Wohnkostenpauschale für Studierende, die nicht mehr bei den Eltern wohnen, soll von derzeit 380 auf 440 Euro im Monat angehoben werden.
Angesichts schlechter Lese-, Schreib- und Rechenleistungen bei Grundschülern planen Union und SPD eine bundesweite Pflicht für Sprach- und Entwicklungstests bei Vierjährigen.
Die künftigen Regierungspartner wollen ein „auf Freiwilligkeit basierendes Wehrdienstmodell“ für die Bundeswehr. Dafür sollen eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden.
Verabredet wurde auch die Gründung eines Nationalen Sicherheitsrats, der Informationen über Krisenlagen bündeln und schnellere Entscheidungen ermöglichen soll.
Für die innere Sicherheit sollen Telekommunikationsanbieter verpflichtet werden, IP-Adressen für mögliche Ermittlungen drei Monate lang zu speichern.
Künftige Eltern können auf ein höheres Elterngeld hoffen – sowohl der Mindestsatz von derzeit 300 Euro als auch der Höchstsatz von 1800 Euro sollen angehoben werden. Union und SPD wollen zudem für selbstständige Frauen, die ein Kind zur Welt bringen, einen gesetzlichen Anspruch auf Mutterschutz schaffen.
Auch in kleinen Geschäften soll man künftig ohne Bargeld zahlen können. „Schrittweise“ solle überall mindestens eine digitale Zahlungsoption angeboten werden, heißt es im Koalitionsvertrag. Zugleich soll die verpflichtende Ausgabe von Kassenbons abgeschafft werden.
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