Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) hat die erste Abmahnung gegen einen niederländischen Versender wegen einer neuen Rabattaktion für rezeptpflichtige Arzneimittel verschickt. Hintergrund ist das jüngstes BGH-Urteil, das sich zwar auf eine frühere Rechtslage bezieht, aber offenbar von ausländischen Versendern als Freibrief für neue Rabattaktionen interpretiert wird.
„Ausländische Versender werten die Entscheidung aus Karlsruhe als Freibrief für jegliche Art der Werbung mit Rx-Rabatten“, warnt Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK) und der AKNR. „Dabei übersehen sie, dass das Urteil des BGH über die aktuell geltende Rechtslage nichts aussagt.“
AKNR und Bundesgesundheitsministerium (BMG) sind laut Hoffmann der Auffassung, dass das geltende Rx-Boni-Verbot aus dem Sozialgesetzbuch im Bereich der GKV-Rezepte einheitlich für alle Marktteilnehmer gilt – also sowohl für Vor-Ort-Apotheken als auch für Versender. Die Abmahnung resultiere daraus, dass seit dem Urteil die Rx-Rabatte online wieder zugenommen haben. „Weitere werden folgen, sollten ausländische Versender an ihrer unzulässigen Werbepraxis festhalten“, kündigt Hoffmann an.
Nur wenige Stunden nach dem Urteil hatte ein niederländischer Versender Rezept-Boni von bis zu 15 Euro pro Arzneimittel angeboten – für gesetzlich und privat Versicherte. „Wir halten diese Werbung für gesetzwidrig und haben über unsere Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen gestern die erste Abmahnung verschickt“, erklärt Justiziarin und Geschäftsführerin Recht, Dr. Bettina Mecking. „Die neue Bonusaktion verstößt nach unserer Einschätzung gegen das Heilmittelwerbegesetz. Der Bonus stellt eine unzulässige Zuwendung im Zusammenhang mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln dar – und zwar unabhängig davon, ob er später ausgezahlt oder auf Kundenwunsch mit einer Folgebestellung verrechnet wird.“
Nach geltender Rechtslage dürfen Boni auf Rx-Präparate nicht zur Verkaufsförderung, insbesondere nicht für rezeptfreie Produkte, eingesetzt werden. Rechtsanwältin Dr. Bongers-Gehlert verweist darauf, dass der Bonus in diesem Fall frühestens 14 Tage nach Bestellung greift – zur Verrechnung mit Folgekäufen oder zur späteren Auszahlung: „Damit wird zumindest auch der Absatz nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gefördert.“
Zudem sieht Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas eine Irreführung von Privatversicherten: Wird ein Preisvorteil rückwirkend gewährt, muss er gegenüber der privaten Krankenversicherung angegeben werden – was die Erstattung reduziert. „Die Werbung suggeriert jedoch einen echten finanziellen Vorteil für den Patienten, der dann jedoch faktisch nicht eintritt.“
Die AKNR kündigt weitere rechtliche Schritte an. Mecking betont: „Das aktuelle BGH-Urteil vom 17. Juli 2025 bezieht sich ausschließlich auf die alte Rechtslage. Die neuen Aktionen bewegen sich in einem anderen rechtlichen Rahmen – insbesondere im Heilmittelwerberecht, mit dem die Patientinnen und Patienten vor einer unsachlichen Beeinflussung geschützt werden sollen.“
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