Vor einem Monat starteten acht Inhaberinnen aus der hessischen Region eine Informationskampagne im Usinger Anzeigenblatt. Gemeinsam hatten sie entschieden, dass das erste Thema, über das sie aufklären wollten, die Probleme mit den ausländischen Versendern sein sollten. Dieses Thema wurde auf die ersten beiden Ausgaben aufgeteilt. Vergangenen Samstag ist nun der zweite Teil erschienen.
Mit dabei ist Dr. Schamim Eckert, die Vizepräsidentin der Apothekerkammer Hessen. In der ersten Ausgabe der Reihe „Die Apotheken aus dem Usinger Land informieren!“ erklärte sie im Interview vor allem die rechtlichen Aspekte und die Ungleichheiten zwischen Versendern und Apotheken. In dem zweiten Teil warnt die Apothekerin vor den Folgen fehlender pharmazeutischer Beratung.
Eckert bietet in ihren beiden Apotheken patientenindividuelle Verblisterung, den Patientenfahrdienst Rhein-Main sowie seit Kurzem die Vermittlung von häuslichen Pflegekräften an. Es seien dieser Service und die fundierte Beratung, die eine Apotheke vor Ort zu einer wichtigen Anlaufstelle für Gesundheitsfragen und für die adäquate Medikamentenversorgung oder die Versorgung mit medizinischen Hilfsmitteln machten.
„Der wichtigste Faktor aber, der nicht nur zur Versorgung mit Medikamenten beiträgt, sondern auch vor gesundheitlichen Nebenwirkungen oder Risiken bewahren kann, ist das fundierte Wissen der Apotheker und PTAs“, heißt es im Beitrag. Die Fachkräfte wüssten, ob das verlangte Medikament überhaupt passen kann, wiesen zum Beispiel darauf hin, dass Ibuprofen einen Asthmaanfall auslösen könne und empföhlen ein anderes Schmerzmittel, wenn der Patient Asthmatiker sei.
„Viele wissen so etwas nicht und ahnen meist auch gar nicht, dass sie eigentlich durchaus eine Beratung bräuchten, auch bei scheinbar harmlosen, gängigen Präparaten. Für unter 14-Jährige kann zum Beispiel Aspirin lebensgefährlich sein“, erklärt Eckert.
Statt in der Apotheke würden viele Patientinnen und Patienten ihre Medikamente – auch verschreibungspflichtige – ohne diese Kontrolle bei Onlineversendern bestellen. „Algorithmen und Formulare ersetzen dabei die heilberufliche Expertise“, heißt es im Beitrag weiter.
Die Folge dieser Praxis sei eine Degradierung von Arzneimitteln zu bloßen Konsumgütern sowie die Entstehung eines faktischen rechtsfreien Raums, der Missbrauch, Abhängigkeit und Fehlversorgung begünstige, warnt Eckert. Stattdessen müsse die Verantwortung wieder in die Hände der Pharmazeuten gelegt werden, die eine sichere Versorgung der Patientinnen und Patienten gewährleisten könnten.
„Wenn es keine Hürden mehr gibt, weil selbst Kinder im Internet sich alles an hochwirksamen Medikamenten bestellen können, was gerade in Mode ist oder sich auf dem Schwarzmarkt verticken lässt, dann fördern wir vor allem Sucht und Missbrauch“, erklärte Eckert. Die Folgen könnten dramatisch sein: So habe beispielsweise in einem Fall eine 13-Jährige als Partygetränk codeinhaltigen Hustensaft mit Limo gemischt und nach dem Konsum reanimiert werden müssen.
„Wir sind die Kontrollinstanz, die Missbrauch, gefälschte oder erschlichene Rezepte erkennen kann, die unsere Kinder und Jugend schützt. Verschreibungspflichtige Medikamente gehören in die Apotheke, nicht in den Versandhandel“, betont sie.
Und auch was den Preis angehe, würden Vor-Ort-Apotheken bei OTC-Medikationen mit Monatsangeboten oder Rabattaktionen auf Kundenkarten auf ähnliche Preise anbieten wie der Versandhandel. „Die Beratung gibt’s gratis dazu“, betont Eckert.
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