Im Berliner Süden sind immer noch etliche Haushalte und Unternehmen ohne Strom. Der Ausfall dauert seit gestern Morgen an. Inhaber Christian Melzer hält in seiner Easy-Apotheke in Adlershof trotzdem die Stellung. „Alle kühlpflichtigen Arzneimittel haben wir spontan auf mehrere Kühlschränke in unseren eigenen Haushalten verteilt“, sagt er. Die Versorgung der Menschen hält er so gut es geht irgendwie aufrecht: „Wir tun, was wir können, auch ohne Strom.“
Gegen 5 Uhr am Dienstag bekam Melzer die Nachricht, dass der Strom ausgefallen sei. „Zunächst waren wir alle guter Dinge, dass das Licht in zwei Stunden wieder angeht.“ Aber der Ausfall hält ihn aktuell noch immer auf Trab. „Wir haben gestern schon die Information bekommen, dass es wohl länger dauern kann. Deshalb haben wir alle kühlpflichtigen Medikamente schnell in Sicherheit gebracht“, so Melzer. Heißt konkret: „Die Sachen lagern jetzt bei meinen Mitarbeitern und mir zu Hause.“
Sein schnelles Handeln verhinderte so einen Warenverlust in Höhe eines fünfstelligen Betrages. „Es war das ‚perfekte Timing‘, denn erst kürzlich trafen die Grippeimpfstoffe ein, allein dies war eine gesamte Kühlschrankfüllung“, so Melzer. „Wir haben auch Ozempic und andere hochpreisige Arzneimittel im Kühlschrank sowie Insulin. Das konnte ich alles retten, denn ich habe zügig große Styroporkisten organisiert, um die Produkte innerhalb der Kühlkette sicher zu anderen Kühlschränken zu transportieren“, erklärt er.
Weil auch die Rezeptur dunkel ist und somit weder Waagen noch Rührgeräte funktionieren, habe er Kontakt zu einer umliegenden Apotheke aufgenommen. „Die Adler-Apotheke ist nicht weit entfernt. Wir haben gefragt, ob man uns da aus der Patsche helfen könne, da wir keine batteriebetriebene Waage haben“, schildert Melzer. „Der Inhaber Oscar Wilfried Lienau hat uns sofort angeboten zu helfen, so können wir heute seine Rezeptur benutzen. Das war für ihn selbstverständlich, dass er uns nicht im Stich lässt.“
Die aushelfende Apotheke war nur kurzzeitig vom Ausfall betroffen. „Wir haben das mit einem Notstromaggregat überbrückt und haben seit gestern etwa 11 Uhr wieder Strom“, so Lienau. In der Zeit des Ausfalls hatte er den Kundinnen und Kunden per Plakat deutlich gemacht: „Wir sind trotzdem für Sie da.“
Besonders dankbar ist Melzer auch seinem Team: „Ich habe allen gesagt, sie sollen doch zu Hause bleiben, da wir eh nicht großartig handlungsfähig sind.“ Denn Rezepte könne er nicht beliefern, auch kassieren ist nicht möglich. „Wir können keine Preise und Rabattverträge einsehen, aber wir versuchen, irgendwie eine Lösung zu finden“, sagt er.
„Den Lohn bezahle ich jedem dennoch weiter, denn es ist nicht deren Schuld“ Aber er musste auch nicht um Unterstützung bitten: „Meine Mitarbeiter sind trotzdem auf Arbeit gekommen. Sie suchen beispielsweise Abholer aus den Großhandelswannen raus, oder versuchen Patienten, die vor der Tür stehen, zu helfen.“ Die Solidarität sei enorm. „Manchmal kann so eine Situation auch dazu beitragen, eine Truppe zusammenzuführen“, so Melzer. „Es wird einem bewusst, wie wertvoll es ist, in so einem Team zu arbeiten.“
Der Großhandel liefere weiter Ware: „Unsere Lieferanten sind nicht vom Stromausfall betroffen und so stapeln sich derzeit die Kisten. Das muss dann alles nachgearbeitet werden“, so Melzer. Denn Scanner und Kommissionierautomat funktionieren ebenfalls momentan nicht. „Das Notstromaggregat hätte solch eine Kapazität nicht“, gibt er zu bedenken. „Deswegen haben wir das gar nicht erst versucht.“
Er nehme es aber sportlich: „Wir können ohnehin nichts daran ändern, die Hauptsache ist, wir können irgendwie die Patienten versorgen.“ Auch Securpharm ist im Augenblick nicht so wichtig: „Das kriegen wir alles hin und arbeiten nach. An erster Stelle der Patient.“ Bisher lautet die Information des Netzbetreibers, der Ausfall könne bis Donnerstagabend andauern.