Apothekerin Katrin Kiss ist sauer. Die Inhaberin der Kiss-Apotheke in Reppenstedt schließt ihren Betrieb Ende des Monats. Auch wenn die Gründe vielfältig seien, fällt ihr einer sofort ein: „Günther Jauch ist schuld daran.“ Denn mit der Reklame für Shop Apotheke fische Redcare zur besten Werbezeit die Stammkundschaft im Alter zwischen 50 und 70 Jahren ab.
Seit 13 Jahren führt Kiss die gleichnamige Apotheke in Reppenstedt. Sie übernahm den Betrieb, nachdem sie dort angestellt war. Dass es jetzt zur Schließung kommt, habe vor allem damit zu tun, dass die Gemeinde das Haus perspektivisch abreißen werde. Der Platz befinde sich in der Neugestaltung. „Ich bin nur Mieterin“, sagt sie und bedauert den Schritt. Denn in ihrem Sohn hätte sie einen Nachfolger gehabt.
Doch nicht nur der anstehende Abriss in zwei bis drei Jahren führten zur Entscheidung. Auch finanziell trug sich die Apotheke zuletzt nicht mehr. „In manchen Monaten lege ich sogar drauf.“ Im Juli etwa – mit Auszahlung des Urlaubsgeldes an die Angestellten – ist Kiss ins Minus gegangen. Auch ihre Steuerberatung legte ihr nahe, die Apotheke zu schließen, da der Ertrag fehlte.
Die fehlende Kundschaft schreibt sie auch Jauch zu. Die Menschen glaubten ihm und seiner Werbung für Shop Apotheke. „Die Leute probieren das aus und wenn es gut klappt, bleiben sie dort. Sie bekommen ja auch noch eine Gutschrift von 10 Euro, die hier nicht rechtens ist.“ Die Abwanderung zum Online-Geschäft sei ein großer Grund für die Schließung.
Auch der Fakt, dass sie selbst auf das Rentenalter zugeht, trug zum Entschluss bei. „Ich habe diese Woche meinen letzten 24-Stunden-Dienst. Man steckt das mit über 60 einfach nicht mehr so leicht weg.“ Denn immerhin müsse sie als einzige Approbierte am nächsten Tag wieder in der Offizin präsent sein. „Ich bin eine One-Woman-Show.“ Dazu komme der fehlende Urlaub. Wenn es doch mal eine Auszeit gebe, sei diese teuer erkauft. „Für den Besuch bei meinem Sohn habe ich für eine Woche 3500 Euro für eine Vertretung gezahlt.“
Kiss geht mit einem guten Gefühl ihrem vorzeitigen Ruhestand entgegen. Jetzt stehe die Abwicklung der Apotheke an. Dazu kommen die Abschiede: „Hier sieht es aus wie in einem Blumenladen.“ Sie erhalte viele positive Rückmeldungen und bekomme Geschenke wie Pralinen und Sekt. „Das zeigt, dass ich es mit Herzblut und viel Spaß gemacht habe.“ Wenn sie die Apotheke vermissen sollte, gebe es jetzt schon Anfragen von Kolleginnen und Kollegen aus dem Umkreis, die sie als Vertretung haben wollten.
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