An der Martin-Luther-Universität (MLU) in Halle sind kürzlich etwa 30 Pharmaziestudent:innen kurz vor dem 3. Semester durchgefallen. „Die Fragen waren gänzlich unbekannt und die Zeit viel zu knapp“, beklagt eine Studentin. Das Problem sei nicht nur, dass sich das Studium für die Betroffenen dadurch um ein Jahr verlängert; vielmehr gerate der ganze Ablauf am Institut aus dem Takt. Denn: „Diejenigen, die im vergangenen Jahr in ähnlicher Weise durchfielen, besetzen nun die für uns gedachten Praktikumsplätze.“ Die Uni weist die Vorwürfe zurück.
Etliche Schüler sind kurz vor dem 3. Semester durch eine Prüfung gefallen, die für den Praktikumsantritt relevant war. „Für das Praktikum im Pharmaziestudium muss man das sogenannte Antestat bestehen“, erklärt die Studentin, die namentlich nicht genannt werden will. „Das ist eine schriftliche Vorprüfung, die dazu dient, zu prüfen, ob die theoretischen Grundlagen beherrscht werden, die für das praktische Arbeiten erforderlich sind.“ Ein Bestehen ist somit an vielen Universitäten die Voraussetzung, um überhaupt am Praktikum teilnehmen zu dürfen.
„Kürzlich wurden meine Kommilitonen und ich in Arzneiformenlehre geprüft. Mehr als 30 Mitschreibende sind durchgefallen“, so die Studentin. „Das hat uns alle fassungslos gemacht.“ Denn die Fragen seien nicht zu beantworten gewesen, schildert sie. „Wir haben intensiv für die Prüfung gelernt, teilweise mehr als einen Monat lang. Es hat dennoch nichts genützt.“ So wurden laut ihren Angaben die sachlichen Inhalte in den Vorlesungen nicht vermittelt und waren zudem „aus einem völlig anderen Themengebiet“, sagt sie.
Mehr noch: „Die Zeit für die Beantwortung war viel zu knapp kalkuliert, niemand hat es geschafft, alle Fragen zu beantworten.“ Die Prüfung habe aus Multiple-Choice- sowie Freitextfragen bestanden. „Es war schlicht nicht schaffbar.“
Auch im Vorhinein habe schon enormer psychischer Druck bestanden. So soll es des Öfteren geheißen haben: „Es schaffen sowieso nicht alle von euch bis zum Schluss“ oder „Verabschieden Sie sich schon mal von Ihrem Sitznachbarn, denn die wenigsten kommen hier durch“. Die Studentin vermutet, das solle der Abschreckung dienen. „Aber ich frage mich wieso, denn es herrscht doch ohnehin akuter Personalmangel.“
Dem „älteren“ Jahrgang sei es sehr ähnlich ergangen, sagt sie. „Auch diese Studenten sind kurz vor dem Praktikum fast alle durchgefallen.“ Nun wurden sie nach einem Jahr erneut geprüft und haben bestanden. „Das heißt aber auch, dass die für uns vorgesehenen Praktikumsplätze nun an diese Studenten vergeben werden.“ Es sei nicht nur ärgerlich, dass sie in Folge ein Jahr länger studieren müsse: „Ich habe in dieser Zeit auch weiterhin Gebühren zu zahlen.“
Von einer Sammelklage bezüglich des nicht geschafften Antestats wurde den Studierenden abgeraten. „Wir haben uns gemeinsam an den Studienrat gewandt. Man sagte uns, dass wir besser auf eine Klage verzichten sollten, denn diese mache uns den Weg noch schwerer“, so die Studentin. „Meine wertvolle Zeit ist dahin, es war höchstwahrscheinlich nicht selbstverschuldet. Ich kann mich nicht dagegen wehren, sondern muss es hinnehmen“, beklagt sie.
Zu den Vorwürfen erklärt die Universität: Die Lehrveranstaltung Arzneiformenlehre bestehe im Grundstudium aus einer Vorlesung und einem Praktikum. „Für eine Teilnahme an dem Praktikum ist das Bestehen eines Antestats nötig, mit dem die erforderlichen theoretischen Kenntnisse für das Praktikum nachgewiesen werden. In der Regel findet dieses Antestat zum Ende des 2. Fachsemesters statt; es kann im Juli und September absolviert werden“, erklärt eine Sprecherin.
Bestehe man diese zwei Prüfungsversuche nicht, habe man noch einmal zwei Versuche im Folgejahr. „Die Bearbeitungszeit umfasst ohne Ausnahme immer 90 Minuten“, so die Sprecherin weiter. „Die Fragen basieren – unter Berücksichtigung der Approbationsordnung für Apotheker – auf dem Gegenstandskatalog für den ersten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung (1. Staatsexamen). Darauf bereitet die Lehrveranstaltung gezielt vor, die Vorlesungsskripte sind entsprechend gestaltet und stehen den Studierenden zur Verfügung“, so die Sprecherin.
„Den ersten Termin zum Antestat im Juli 2025 haben zwei Drittel der Studierenden bestanden.“ Aber: „Beim Wiederholungstermin im September konnten nur drei Studierende ihr Ergebnis über die Bestehensgrenze verbessern, der Rest bestand wie in der ersten Prüfung nicht und kann in einem Jahr erneut antreten.“
Zu den Kapazitäten sagt sie: „Es gibt keinen Mangel an Praktikumsplätzen.“ Diese stünden jährlich in ausreichender Zahl zur Verfügung und würden an den Bedarf angepasst. „Das heißt, alle Studierenden, die das Antestat bestehen, bekommen auch einen Praktikumsplatz. Es gibt keine Warteliste aus den vergangenen Semestern“, so die Sprecherin.