Deutsche Apotheker sollen tausende Packungen des Corona-Medikaments Paxlovid illegal weiterverkauft haben. Im Fokus steht aktuell ein Frankfurter Apotheker, der fast 9300 Packungen ohne Rezepte abgegeben haben soll.
Zunächst hatte die Tagesschau über Recherchen des Westdeutschen Rundfunks (WDR), Norddeutschen Rundfunks (NDR) und der Süddeutschen Zeitung (SZ) berichtet. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat den Verdacht inzwischen bestätigt. Paxlovid wurde im Januar 2022 in Deutschland neu zugelassen.
Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hatte es der Bund zentral und in großen Mengen beschafft. Nach einer ärztlichen Verordnung sollten es Patienten in der Apotheke kostenlos bekommen. Nach Angaben der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg (ZKG) erhielten der Großhandel und die Apotheken eine Aufwandsentschädigung aus Bundesmitteln dafür, über die gesetzlichen Krankenkassen wurde nicht abgerechnet.
Wegen des Verdachts es unerlaubten Handels mit Paxlovid sind nun acht Personen angeklagt worden. Zwei der Angeschuldigten sitzen in Untersuchungshaft, wie die ZKG mitteilte.
Bei den Angeschuldigten handelt es sich um Apotheker aus München, Nürnberg, Regensburg und Forchheim sowie Mitarbeiter:innen in Apotheken und einen Zwischenhändler. Sie sollen 2022 und 2023 Paxlovid bestellt haben, um es anschließend „außerhalb des vorgegebenen Verteilungsmechanismus“ auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Dadurch soll ein Schaden von insgesamt rund drei Millionen Euro entstanden sein. Die ZKG erhob in vier Verfahren Anklage vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.
Der Vorwurf: insbesondere Untreue in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Großhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und Betreiben eines Großhandels mit Arzneimitteln ohne die erforderliche Erlaubnis. „Die ZKG strebt neben der Bestrafung der Angeschuldigten die Einziehung der offenen Schadensbeträge – und damit letztlich die Wiedergutmachung der Schäden – im Rahmen der Hauptverhandlung an“, heißt es von der ZKG.
In einem besonders umfangreichen Fall wurde laut Recherchen des Netzwerkes Anklage gegen einen 57-jährigen Apotheker erhoben, der rund 9300 Packungen bestellt und ohne Rezepte weiterverkauft haben soll – unter anderem an Kunden im In- und Ausland.
Der Hintergrund dieser illegalen Verkäufe liegt im Großeinkauf des Bundes Ende 2021. Laut Angaben der ZKG wurde das im Januar 2022 neu zugelassene Medikament zentral beschafft und sollte Patienten nach ärztlicher Verordnung kostenlos über Apotheken zur Verfügung gestellt werden. Der Großhandel und die Apotheken erhielten dafür eine Aufwandsentschädigung aus Bundesmitteln, während eine Abrechnung über die gesetzliche Krankenversicherung nicht erfolgte, wie dpa berichtet.
Ab Ende 2022 bestand in China aufgrund hoher Infektionszahlen eine sehr große Nachfrage nach antiviralen Medikamenten, während eine staatlich organisierte Versorgung dort nicht erfolgte. Dies führte zu einem Schwarzmarkt. Die ZKG teilte mit, dass daher auch in Deutschland nach Bezugsmöglichkeiten von Paxlovid gesucht wurde, obwohl sowohl Export als auch Handeltreiben mit Paxlovid in Deutschland verboten waren.
Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) äußerte sich nach Bekanntwerden der Ermittlungen und Urteile: „Es ist bestürzend, dass ein geschenktes Medikament, was ja Leben retten konnte bei schweren Verläufen, einfach weiterverkauft worden ist. Ein derart unehrenhaftes Verhalten habe ich nicht für möglich gehalten.“
Das Bundesgesundheitsministerium prüft mögliche Schadensersatzforderungen, bislang gab es nur eine Rückzahlung. Weitere Ermittlungen laufen in Städten wie Dortmund, Hamburg und Köln.
Erste Urteile fielen bereits: Ein Berliner Apotheker wurde wegen des Verkaufs von mehr als 2700 Packungen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, ebenso eine Apothekerin aus Baden-Baden, die über 1300 Packungen illegal abgab.
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