Jena

Kein Unfallschutz bei Kittelverbrennung

, Uhr aktualisiert am 10.12.2015 11:32 Uhr
Berlin -

Eine Kittelverbrennung in Jena nahm vor drei Jahren ein böses Ende: Es kam zu einer Verpuffung und 13 Studenten wurden zum Teil schwer verletzt. Das Thüringer Landessozialgericht (LSG) hat heute entschieden, dass die gesetzliche Unfallversicherung nicht einspringen muss. Bei der Feier habe es sich um eine private Veranstaltung gehandelt.

 

Bei der Semesterabschlussfeier an der Friedrich-Schiller-Universität im Juli 2012 wurden die Laborkittel in einem Fass verbrannt. Ein Student beträufelte die Kittel mit Ethanol und warf sie in das Fass. In der Tonne gab es eine Verpuffung, das Feuer sprang auf die Ethanolflasche über. Vor Schreck schleuderte der Student diese von sich. Das brennende Ethanol spritzte auf die umstehenden Studenten.

Drei Studentinnen wurden erlitten schwere Verbrennungen im Gesicht, am Oberkörper und an den Armen. Sie wurden mit einem Hubschrauber in Spezialkliniken in Halle und Leipzig gebracht. Zehn ihrer Kommilitonen erlitten leichte Brandverletzungen und Reizungen in den Augen. Sie wurden ambulant versorgt.

Das LSG musste nun klären, ob die Feier unter den Schutz der gesetzlichen Studenten-Unfallversicherung steht. Die beklagte Unfallkasse Thüringen ordnete die Veranstaltung als eine private Feier ein – und damit außerhalb des Verantwortungsbereiches der Universität. Damit wäre die gesetzliche Unfallversicherung nicht in der Pflicht, entsprechend lehnte sie einen Versicherungsschutz ab.

Die Unfallversicherung bekam 2012 schon vom Sozialgericht Altenburg recht. Das LSG bestätigte dessen Rechtsauffassung und lehnte die Berufung der betroffenen Studentin ab. Studenten seien während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen gesetzlich unfallversichert. Damit ein Versicherungsschutz besteht, muss der Unfall im „organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule geschehen sein“, stellten die Richter klar.

Die Kittelverbrennung sei aber eine Veranstaltung der Studenten des sechsten Fachsemesters gewesen, die eigenständig von ihnen organisiert wurde. Die Universität habe weder auf die Planung noch auf die Durchführung der Veranstaltung Einfluss genommen, so die Richter. Dass das Gelände, Tische und Bänke zur Verfügung gestellt wurden, reicht aus Sicht der Richter nicht aus, um von einer Mitverantwortung der Universität auszugehen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Studentin kann die Entscheidung noch mit einer Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) anfechten.

Der Student, der die Flasche von sich geschleudert hatte, musste sich bereits im vergangenen Jahr vor dem Amtsgericht Jena wegen fahrlässiger Körperverletzung verteidigen. Eine Verurteilung gab es nicht, das Verfahren wurde gegen eine Geldstrafe eingestellt. Der Student musste insgesamt 4000 Euro an die vier Hauptgeschädigten zahlen.

In dem Prozess hatte sich der Student laut Thüringischer Landeszeitung zum ersten Mal selbst zu den Vorwürfen geäußert: Er habe selbst keine Erinnerung mehr an die zeitliche Abfolge an dem Abend und sei schockiert von den Äußerungen der Zeugen gewesen. Offenbar habe er mit der Ethanolflasche zu nah an dem Feuer gestanden. Das sei ihm nach dem ersten Verhandlungstag bewusst geworden, zitiert ihn die Zeitung.

„Er hat eingeräumt, dass er mit seinem Verhalten eine Situation geschaffen hat, in der das Risiko von erheblichen Verbrennungsverletzungen vorhersehbar war“, sagte Thomas Müller-Gründel von der Staatsanwalt Gera gegenüber dem Jena-Journal. Der Richter entschied, dass der Student seine Sorgfaltspflicht verletzt habe. Trotzdem kam es nicht zu einer Verurteilung: Der Student sei nicht vorbestraft, habe sich geständig gezeigt und nicht mutwillig gehandelt, erklärte der Richter.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Treuhand empfiehlt Sofortmaßnahmen
Skonto-Verbot: Apotheken sollen bunkern
Preisbindung beim Einkauf
Rx-Skonto: Vorteil für Versender?
Mehr aus Ressort
Zeiterfassung, Schließ- und Alarmanlage
Statt Schlüssel: „Meine Mitarbeiter sind gechipt“

APOTHEKE ADHOC Debatte