Baltrum

Urlauber-Filiale oder Pick-up-Stelle

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Berlin -

Für die Apotheke auf Baltrum gibt es einen Interessenten. Ein Apotheker aus Nordrhein-Westfalen und langjähriger Baltrum-Urlauber prüft derzeit, ob er die Insel-Apotheke als Filiale übernehmen kann. Doch vor Mitte September wird es keine Entscheidung geben.

Der Leiter der Apotheke, Dr. Ulrich Räth, ist bereits 75 Jahre alt. Er hat sich aus dem Gespräch mit dem Interessenten bewusst herausgehalten. Da seine Schwiegertochter die Insel-Apotheke als Filiale ihrer Markt-Apotheke in Norden betreibt, hat sie die Verhandlung übernommen.

Einige rechtliche Fragen seien noch offen, sagt sie. Auch habe sich der Apotheker noch nicht fest entschieden. „Da seine Hauptapotheke nicht im gleichen Kreis liegt, ist noch unklar, ob er die Insel-Apotheke als Filiale übernehmen darf“, erklärt sie. Das müsse die Apothekerkammer Niedersachsen entscheiden.

In Hannover will man zu dem Fall aktuell keine Stellung nehmen. Noch liege kein Antrag vor; auch eine formlose Anfrage sei bislang nicht eingegangen. Sollte dies geschehen, werde man sich mit der Apothekerkammer Westfalen-Lippe ins Benehmen setzen. Ob es rechtlich möglich sei, dass ein Apotheker eine Filiale außerhalb seines eigenen oder des benachbarten Kreises betreibe, könne im Allgemeinen nicht beantwortet werden.

Räth, der die Insel-Apotheke in den 1990er Jahren verkauft hatte, jedoch zehn Jahre später vom Bürgermeister wieder zurückgeholt worden war, bedauert, dass das Reformhaus neben der Apotheke wohl nicht weiterbestehen kann. Denn die erforderliche Zusatzqualifikation brächten wenige Interessenten mit. So wohl auch nicht der Nachfolger. Mit den Produkten des Reformhauses mache er 15 Prozent seines Umsatzes von etwa 228.000 Euro ohne beziehungsweise 280.000 Euro mit Einnahmen aus dem Notdienstfonds.

Zugleich soll die Insel-Apotheke nach Räths Information nicht am jetzigen Standort verbleiben, sondern in die leerstehenden Räume eines Schwimmbads ziehen. „Diese Räume liegen eher am Ortsrand“, sagt der Apotheker. Er zweifelt daran, dass dieser Umzug der Apotheke gut täte.

Jann Bengen (CDU), ein Ratsmitglied der Gemeinde Baltrum, sieht das Problem der Insel-Apotheke vor allem in den Personalkosten: Ein neuer Apotheker würde wohl eine volle Bezahlung fordern und sich nicht – wie Räth – mit 60 Prozent des Lohns zufrieden geben. Auch eine Vertretungskraft und eine PTA müssten bezahlt werden.

Räth habe der Gemeinde eine Kostenaufstellung vorgelegt: Bei gleichbleibender Einnahmesituation ergäbe sich vorrangig aufgrund der Personalkosten ein jährlicher Verlust von knapp 50.000 Euro. Somit würden die 17.000 Euro Mietzuschuss der Gemeinde künftig nicht mehr ausreichen, sagt Bengen.

Als Alternative sehe er daher nur ein anderes Geschäftsmodell des neuen Apothekers, das einen höheren Gewinn generieren könne. Auch eine medizinische Versorgung der Insel mit einer ganzjährigen Rezeptsammelstelle und Pick-up-Stelle hält Bengen für möglich: Medikamente könnten an eine Sammelstelle geliefert werden, die sich etwa in einem anderen Laden befinden könne. Am Folgetag könnten diese dann abgeholt werden. In allen akuten Fällen, die Bengen als lebensbedrohliche Fälle versteht, würde der Patient zu einer Klinik auf dem Festland gebracht werden.

Die Apothekerkammer ist der Fall Baltrum bekannt. Gerade für eine Apotheke in einer dünn besiedelten ländlichen Region, in der es auch an Ärzten fehlt, gestalte sich die Nachfolgersuche schwierig, heißt es. Bei den elf Inselapotheken Niedersachsens komme hinzu, Apothekenmitarbeiter mit der Bereitschaft zu finden, auf einer Insel zu leben und damit auch Einschränkungen in der Mobilität in Kauf zu nehmen.

Bei der Nachfolgersuche könne man als Kammer nicht helfen. Aufgabe der Kammern sei es, für angemessene Rahmenbedingungen der Apotheken zu sorgen. Dazu gehöre etwa die Regelung des Nacht- und Notdienstes. Vorgaben wie Öffnungszeiten dagegen würden vom Ministerium per Gesetz beschlossen – auf diese gesetzlichen Bestimmungen habe die Kammer keinen Einfluss.

Die Kammer habe ferner nicht zu gewährleisten, dass es eine Apotheke an einem bestimmten Ort gebe. Die Gemeinden seien kommunalpolitisch gefordert, die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Also liege es an der Gemeinde, für eine attraktive Infrastruktur zu sorgen, so dass sich ein Apotheker niederlassen will. Dazu gehöre es etwa, auch Ärzte in der Gemeinde anzusiedeln.

Außerdem räume das Apothekengesetz einer Gemeinde die Möglichkeit ein, eine Notapotheke auf eigene Rechnung mit einem angestellten Apothekenleiter zu betreiben. So könnte ein Notstand in der Arzneimittelversorgung verhindert werden. Auch eine Insel-Apotheke könnte auf diese Weise unterstützt werden, so die Kammer.

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