Apothekengründung

„Die wollen mich plattmachen“

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Berlin -

Das nordrhein-westfälische Issum soll eine zweite Apotheke bekommen. Der Rat der Gemeinde mit 6700 Einwohnern stimmte einer neuen Apotheke am Gesundheitszentrum „Wohlfühl-Haus“ nach mehrfacher Ablehnung nun doch zu. Wolfgang Höfert fühlt sich im Stich gelassen: Mehr als 200 Jahre lang war seine Löwen-Apotheke die einzige Offizin im Ort.

Für Höfert ist die Entscheidung des Rats ein Schock: „Ich habe kaum geschlafen, seit ich Mitte September aus dem Urlaub zurück bin“, sagt Höfert. Im Urlaub habe er von der möglichen Genehmigung einer Apotheke im Anbau des Wohlfühl-Haus erfahren.

Zunächst hatte der Rat entschieden, den Platz nicht in den sogenannten zentralen Versorgungsbereich mit einzubeziehen. Der Ortskern von Issum soll gestärkt werden; dieses Vorhaben werde mit Landesmitteln unterstützt. Das Wohlfühl-Haus liege dagegen am Ortsrand. „Bereits vier Mal wurde der Fall diskutiert und drei Mal in Ratsabschlüssen abgelehnt“, sagt Höfert.

Die Verwaltung gab dann doch grünes Licht für die zweite Apotheke. Begründet werde die Empfehlung für die zweite Apotheke damit, dass der Platz an den zentralen Versorgungsbereich angrenze – und der daher mit der Apotheke sogar gestärkt werde, berichtet Höfert.

Am vergangenen Dienstagabend sei es zu einer erneuten Abstimmung im Rat gekommen. Dieses Mal zu einer geheimen, für die alle Besucher – darunter Höfert und seine Mitarbeiter – den Saal verlassen mussten. Mit 15 zu 12 Stimmen genehmigten die Ratsmitglieder die zweite Apotheke. Für Höfert kam das Ergebnis unerwartet. Er vermutet, dass auf die Ratsmitglieder enormer Druck ausgeübt worden ist. Der Investor Roland Borgmann, der außerdem die Physiotherapiepraxis im Wohlfühl-Haus führt, habe persönlichen Kontakt zu den CDU-Ratsmitgliedern aufgenommen, vermutet Höfert.

Die Apotheken würden etwa 500 Meter voneinander entfernt liegen. Die Löwen-Apotheke misst 140 Quadratmeter. Die neue Apotheke soll mit 300 Quadratmetern mehr als doppelt so groß werden: „Ein Riesending“, so der Apotheker. Hinzu kommt ein weiterer Standortvorteil des Konkurrenten: „Ich habe keine Fachärzte in der Umgebung. Das Wohlfühl-Haus hat dagegen zwei Hausärzte“, erklärt Höfert.

Selbst in das Wohlfühl-Haus umzuziehen ist für Höfert keine Option. „Ich frage mich, wer da einziehen soll und die halbe Million Euro für die Einrichtung hat.“ Die Monatsmiete werde zudem wohl 5000 Euro betragen, schätzt Höfert. Für den Apotheker ist klar: „Die wollen mit plattmachen.“

Die Löwen-Apotheke gibt es seit 1796 in Issum – in diesem Jahr feiert sie damit ihr 220-jähriges Bestehen. 2005 hat Höfert die Traditionsapotheke von seinem Vater übernommen. An dem Geschäft hingen acht Arbeitsplätze, sagt Höfert. „Ich fühle mich im Stich gelassen“, sagt er.

Issums Bürgermeister Clemens Brüx sagte der Rheinischen Post (RP): „Wenn sich eine zweite Apotheke im Ortskern ansiedeln würde, hätten wir die Diskussion im Rat gar nicht.“ Aus Sicht des Bürgermeisters ergäben sich für die Apotheke im Ortskern nicht automatisch Nachteile, denn auch dort werde gebaut.

Höfert vermutet, dass der Bau im kommenden Sommer abgeschlossen sein wird. Die Stimmung in der Apotheke ist schlecht; auch seine Mitarbeiter sind wegen der Entscheidung des Rats niedergeschlagen. Höfert erwägt, rechtlich gegen die geplante Apotheke vorzugehen, wenn diese tatsächlich umgesetzt werden sollte.

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