Apotheken am Personallimit

Allein auf dem Land

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Berlin -

Die Landapotheke im brandenburgischen Golzow steht exemplarisch für viele Landapotheken in sehr ländlichen Gegenden: eher klein, wenig Personal und vor allem mit großem Einzugsgebiet. Denn je nach Richtung gibt es zehn bis 20 Kilometer entfernt keine Apotheke. Dementsprechend angewiesen sind nicht nur die knapp 1400 Bewohner:innen der kleinen Gemeinde auf ihre Apotheke, sondern auch umliegende Ortschaften. Es gibt hier Durchgangsverkehr zwischen den beiden nächstgrößeren Städten und auch Ärzt:innen. Aber auch nur einen approbierten Apotheker. Der Inhaber Peter Schmieder versucht, mit knapp zwei Teilzeitkräften auszukommen.

In 127 der rund 540 Apotheken in Brandenburg arbeitet die Inhaberin beziehungsweise der Inhaber als einzige approbierte Fachkraft. Bei Krankheit oder Urlaub sieht es schlecht aus. Einziger Vorteil: Seine feste Teilzeitkraft ist einer der früheren DDR-Pharmazieingenieure und darf ihn somit auch vertreten. „Ich kann auch niemanden Vollzeit einstellen aufgrund der Öffnungszeiten“, sagt Schmieder. Von 8.30 Uhr bis 18 Uhr hat er montags bis freitags offen – mit Mittagspausen von 13 bis 14 Uhr; Mittwochnachmittags bleibt die Dorfapotheke zu. Die Samstagsdienste von 9 bis 12 Uhr versucht er zumeist allein zu stemmen. Zusätzlich gibt es noch eine Rentnerin aus dem Ort, die ihn regelmäßig unterstützt.

Noch mehr Unterstützung könnte der Inhaber gebrauchen: „Mir fehlt mindestens einer, der 25-30 Stunden arbeitet.“ Zuletzt zeigte eine Apothekerin Interesse, einzusteigen, noch kann Schmieder aber nicht mit ihr rechnen. Verstehen kann er die Personalnot der Landapotheken schon: „Wer mit dem Studieren fertig ist, der will nicht aufs Land.“

Kein Pharmazie-Studium in Brandenburg

Für die Situation in Brandenburg hätte sich Schmieder mehr Unterstützung durch das Land gewünscht. Während in der Lausitz südöstlich von Berlin ein großer Medizin-Campus heranwächst, bleiben die Pharmazeut:innen unbeachtet. Auch in der Landeshauptstadt Potsdam hätten die Pharmazeut:innen gut unterkommen können. Stattdessen studieren brandenburgische Bald-Apotheker:innen in Berlin oder in Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern – ob sie in die Heimat zurückkehren, steht in den Sternen. „Und das, was in Berlin gerade ausgebildet wird, reicht nicht mal für Berlin.“

Auch die Kammer habe sich für einen Pharmazie-Standort stark gemacht, sei bisher aber kaum vorangekommen. In der Lausitz scheiterte es wohl an den Förderbedingungen für den Medizin-Campus. „Da ist leider mit unseren Landespolitikern nichts zu machen gewesen, das ist sehr schade“, befindet Schmieder. Sollte sich hier in den kommenden Jahren etwas tun, „ist hier schon längst alles den Bach runtergegangen“, bis dann die ersten Approbierten in die Apotheken kommen. Nur eine PTA-Schule im Land und angehende PTA, die weiterhin Schulgeld bezahlen müssen, machen die Lage auch nicht besser.

Wenig Personal, aber gut zu tun

Die Samstage und die Notdienste gehören ihm, dafür nimmt er sich gerne mal am Nachmittag raus, um bei der Familie zu sein. Immerhin wohnt er im Ort, hat einen kurzen Weg und fährt mit dem Fahrrad zur Arbeit. Und auch wenn es nicht immer einfach ist, scheint in Golzow alles irgendwie seinen Gang zu gehen – solange die beiden Hausärzt:innen im Ort und der Hausarzt im Nachbarort erhalten bleiben. Bis zur Rente haben sowohl Inhaber und Pharmazieingenieur noch eine ganze Weile, auch das Skonto-Urteil kann der Apotheke zum Glück kein Fallstrick werden. „Das war bei mir nicht der entscheidende Faktor, damit werde ich leben können“, sagt Schmieder.

Aber für die Branche insgesamt sieht er schwarz. Wie die Lage in wenigen Jahren aussehe, könne er sich jetzt schon ausmalen. Immer weniger Apotheker, die sich selbstständig machen wollen, Pharmazieingenieure, die „aussterben“ – „da braucht Lauterbach keine Reform, das kommt von ganz alleine“, so Schmieder bezogen auf Light-Konzepte. Dabei reiche doch gerade auf dem Land der Netzausbau vorne und hinten nicht, um effektiv Telepharmazie zu betreiben. „Diese Zwei-Klassen-Pharmazie – ich tue mich damit schwer.“ Doch am Ende werde es so kommen, wie Minister Karl Lauterbach (SPD) sich das vorstellt, meint der Inhaber. Auch wenn er keine:n PTA kennt, die oder der das mitmachen würde.

Schmieder könne gut von seiner Apotheke leben, was ihn erstickt ist eher die Bürokratie. Aber auch bei ihm gehe es immer stärker bergab im Ertrag, auch wenn der Umsatz steigt. „Ich will nicht jammern, aber es ist einfach immer mehr Arbeit für immer weniger Geld.“ Auch Hochpreiser belasten ihn zunehmend. Immerhin eine Woche Urlaub macht er dieses Jahr. Seine Pharmazieingenieur:in in Rente hilft aus.

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