Nach dem Schicksalsjahr 2021 hat sich Daniel Reuschel mit viel Kraft und Durchhaltevermögen seine Selbstständigkeit zurückgeholt. Der Apotheker verlor nach einem Starkregen eine Apotheke in Bonn und kurz darauf wegen der Flutkatastrophe an der Ahr seinen zweiten Betrieb. Jetzt übernahm er vier Apotheken in Fulda und baut seinen Verbund weiter aus.
Mit einem Minus von rund 1,5 Millionen Euro und ohne Apotheken stand Reuschel nach den beiden Wetterereignissen vor vier Jahren da. Der Inhaber hatte innerhalb kürzester Zeit alles verloren. Ein Starkregen flutete seine Center-Apotheke, seine andere Apotheke wurde von der Flut quasi weggespült. Er zog sich zurück und wechselte als Filialleiter ins Angestelltenverhältnis.
Doch Aufgeben kam für den Familienvater nicht in Frage. Mit Rückhalt seiner Familie kämpfte er sich jetzt zurück. Nach langen Verhandlungen mit der Versicherung erhielt er für die Bonner Apotheke einen Ausgleich. Für seine 2015 übernommene Maxmo-Apotheke in Bad Neuenahr, die bei der Hochwasserkatastrophe zerstört wurde, sah es schlecht aus, da er wegen der Lage keine Elementarversicherung abschließen konnte.
„Es hat fast drei Jahre gebraucht, um mit der Versicherung einen Deal zu machen und etwas zu bekommen“, sagt der 44-Jährige. Mit diesem Geld, den Erlösen aus privaten Verkäufen und viel Arbeit als Filialleiter sei es geschafft worden, die Außenstände von 1,5 Millionen Euro fast zu begleichen. „Es war so viel, dass ich bei der Apobank wieder einen Kredit bekommen habe.“ Das Geld war nötig, denn Anfang 2025 kam sein Steuerberater mit einem Übernahmeangebot auf ihn zu.
Zum Verkauf standen die vier Engel-Apotheken von Dr. Ansgar Wieschollek. Der 54-jährige Apotheker suchte für seinen Verbund einen Nachfolger, da er aus gesundheitlichen Gründen etwas kürzer treten wollte. „Vier Apotheken sind eine Herausforderung, da braucht man Power und viel Lust“, sagt Reuschel. Nach ersten Gesprächen deutete sich an, dass sich die beiden Apotheker einig werden würden. Anfang Juni übernahm er den Betrieb samt den 54 Angestellten.
Die Apotheken und das Konzept seien „sehr spannend“, sagt Reuschel. Insgesamt erwirtschaften die Betriebe einen Jahresumsatz zwischen 12 und 15 Millionen Euro unter anderem mit der Versorgung mehrerer Heime. „Herr Wieschollek hat hier in Fulda eine Dachmarke aufgebaut.“ Die Botenfahrzeuge etwa führen als Logo Engelsflügel mit und fahren mit dem Slogan „Die Engel unter den Apotheken“. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Betriebe nur wenige Kilometer voneinander entfernt lägen.
Ein weiterer Vorteil sei das kompetente Team. „Da passt alles, ich kann mich komplett auf sie verlassen.“ Auch sein Vorgänger steht ihm weiter zur Seite. Die beiden wollen etwa gemeinsam ein Cannabis-Geschäft aufbauen. Wieschollek habe weiterhin „viel Lust“ in der Apotheke tätig zu sein, nur eben nicht mehr als Inhaber.
Für die Zukunft wünscht sich Reuschel mehr Unterstützung der Politik und dass die Zusagen im Koalitionsvertrag auch umgesetzt werden. Zudem sei er noch auf der Suche nach PTA oder Apotheker:innen. „Auch wenn ich gerade keinen Mangel habe, ist man immer froh noch Mitarbeiter zu bekommen.“ Der kaufmännische Bereich, der bei so großen Apotheken wichtig sei, sei aktuell mit genügend PKA besetzt.
Reuschel freut sich über seine neu erlangte Selbstständigkeit. Vorbei sind die Zeiten, als seine Frau Spenden für die Mitarbeitenden nach der Flutkatastrophe sammelte. Der aktuelle Fokus der Familie liegt im Immobilienbereich. Denn das Paar sucht für sich und den vierjährigen Sohn ein Haus. „Noch pendele ich.“ Das soll mit einem Umzug vorbei und der Neustart damit perfekt sein.