Prozess gegen Shop Apotheke

Wegen OTC: Gericht verbietet App-Gutschein

, Uhr
Berlin -

Nachdem in den vergangenen Monaten mehrfach über die Rx-Boni der ausländischen Versender gestritten wurde, zeichnet sich folgendes Bild ab: Rx-Boni sind erlaubt, sofern es nur um den Erlass der Zuzahlung geht. Gutscheine, die auch für OTC-Medikamente eingelöst werden können, sind verboten. Genau diesen Duktus spiegelt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (OLG) wider – gleichzeitig legt das Gericht die Latte noch höher.

Bereits im Mai hatte das OLG zwei Aktionen mit 10-Euro-Gutscheinen untersagt, mit denen Shop Apotheke auf Kundenfang gegangen war: Einen der Gutscheine gab es für die Einlösung eines E-Rezeptes über die App, den anderen für einen Bestellwert von mindestens 59 Euro im OTC-Segment. IhreApotheken.de (iA.de) war gegen den niederländischen Versender vorgegangen.

Wie aus der jetzt veröffentlichten Urteilsbegründung hervorgeht, folgt das OLG der Logik, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) und der Bundesgerichtshof (BGH) zuletzt dargelegt hatten: Demnach ist abzugrenzen zwischen den beiden Fragestellungen, „ob“ ein Arzneimittel bezogen werden soll und „wie“ es bezogen werden soll. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln hat der Arzt demnach die Entscheidung über das Medikament schon getroffen, sodass der Patient nur noch die Wahl hat, in welcher Apotheke er sein Rezept einlösen will.

Heißt: Solange nur die Zuzahlung erlassen wird, ist laut den Gerichten nicht von einer (unzulässigen) Werbung für (ein oder mehrere) Arzneimittel auszugehen. Werden dagegen Gutscheine spendiert, die (auch) für den Bezug nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel genutzt werden können, wird damit der Verbrauch gefördert und sie fallen unter den Begriff „Werbung für Arzneimittel“. Das gelte auch dann, wenn der Gutschein auch für andere Waren eingesetzt werden könne – eine anders lautende Einschätzung des Generalanwalts habe der EuGH gerade nicht übernommen, so das OLG.

Gericht verbietet OTC-Rabatt

Spannend ist die Entscheidung mit Blick auf den zweiten Gutschein: Dieser wurde unabhängig vom Einlösen eines Rezepts nur für die Nutzung der App spendiert. Laut OLG fällt die Aktion unter den Begriff der Werbegabe nach § 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Diese Regelung diene einer weitgehenden Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich und damit dem Schutz vor unsachlicher Beeinflussung. Erfasst sei grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung. „Eine Werbegabe setzt demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird; er muss diese als ein Geschenk ansehen.“

Von einer geringwertigen Kleinigkeit sei angesichts der Höhe des Betrags nicht mehr auszugehen, auch die Ausnahme nach § 7 Abs. 1 Nr. 2a HWG greife nicht: Zuwendungen in Form eines bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrags sind demnach erlaubt; dadurch sollten die im Handelsverkehr etablierten Geldrabatte berücksichtigt werden, so das OLG. „Ein solcher Sofortrabatt liegt hier zwar vor. Diese Ausnahme ist jedoch gemeinschaftsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass von diesem Sofortrabattprivileg diejenigen Rabatte nicht erfasst werden, die auf Arzneimittel Anwendung finden.“

Keine Antwort zu neuer Rechtslage

Nicht beantworten wollte das Gericht die Frage, ob der erste Bonus als Verstoß gegen die Preisbindung nach § 129 Abs. 3 SGB V unzulässig ist. Denn der erste Gutschein sei nicht nur für OTC-Medikamente einlösbar gewesen, sondern auch auf verschreibungspflichtige Medikamente.

Auf der Apothekenstufe seien Rabatte gegenüber dem Verbraucher für verschreibungspflichtige Arzneimittel von vornherein ausgeschlossen. „Der Apotheker ist vielmehr gehalten, den durch die AMPreisV angeordneten Festzuschlag zu erheben, der seinerseits rechnerisch auf der Addition des Herstellerabgabepreises und der gesetzlich zulässigen Großhandelsspanne aufsetzt. Durch diese gesetzliche Systematik wird die Einheitlichkeit der Apothekenabgabepreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel gewährleistet. Wird dieser zwingende Apothekenabgabepreis unterschritten, liegt ein Verstoß gegen die Regelungen der AMPreisV vor“, so das OLG.

Die Europarechtskonformität dieser Regelung sei Gegenstand einiger Auseinandersetzungen. Da aber bereits § 7 HWG laut OLG keine Ausnahme zulasse, wollte das Gericht hierzu keine Entscheidung treffen.

Shop Apotheke hatte bereits reagiert und seinen Gutschein angepasst: „E-Rezept-Rabatt: Automatisch sparen auf Zuzahlungen“, heißt es jetzt. Und wo keine Eigenbeteiligung erforderlich ist oder der Betrag bereits ausgereizt wurde, kann man ihn auch für mitbestellte Produkte nutzen – mit Ausnahme von OTC-Medikamenten.

Guter Journalismus ist unbezahlbar.
Jetzt bei APOTHEKE ADHOC plus anmelden, für 0 Euro.
Melden Sie sich kostenfrei an und
lesen Sie weiter.
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
Biotech-Deal auf der Zielgeraden
Biontech: Curevac-Übernahme vor Abschluss
Neues Design, neue Produkte
BioGaia wird erwachsen