Die Drogeriekette dm will zum „Anbieter von günstiger Medizin“ werden, so jedenfalls versteht ein Autor von Welt am Sonntag (Wams) die aktuellen Vorstöße des Konzerns. „Ärzte und Apotheker versetzt diese Aussicht in Panik. Dabei gehören Disruptoren gefeiert – es braucht mehr Wettbewerb, nicht weniger“, heißt es in einem Meinungsbeitrag, der sich genau so liest wie die typischen Lobhudeleien der Wirtschaftspresse vor 20 Jahren.
Ein Gespenst gehe um in der deutschen Gesundheitswirtschaft – das Gespenst des Kapitalismus, beginnt der Beitrag. „Doch statt kritisiert, gehören Wettbewerbstreiber wie dm gefeiert – es braucht mehr Wettbewerb um die Gesundheit der Deutschen. Nicht weniger.“
Sich selbst inszenierten die Heilberufler als „selbstlosen Weißkittel, der einzig zum Wohl des Patienten handelt“, heißt es weiter, Konkurrenten wie dm dagegen seien aus ihrer Sicht nur auf schnellen Gewinn aus. „Hier die heldenhaften Heilberufe, dort die ‚Krämerseele‘ der Händler.“ Nur wenn es um Steuersenkungen und Bürokratieabbau gehe, sehe die Sache auch bei Medizinern und Pharmazeuten anders aus. „Die Wahrheit ist für sie aber unbequem. Sie sind vom Staat beschützte Unternehmer – auf Kosten der Bürger.“
Aus diesem Grund habe man heute ein „veränderungsfeindliches, staatlich einbetoniertes Gesundheitskartellsystem, von dem viele Kartellisten profitieren, das den Verfall des Gesundheitsstandorts Deutschland aber nicht aufhält“, so der Autor weiter, der quasi als Beweis den Rückgang bei Apotheken und Arztpraxen skizziert.
„Deshalb sollten wir Unternehmen wie dm dankbar sein – und die Politik auffordern, endlich zu deregulieren: Denn viele sinnvolle Pläne der Drogeriekette – wie der Versand von Medikamenten oder In-house-Apotheken im Drogeriemarkt – sind bis heute schlicht nicht erlaubt.“
Und wie schon früher in – teilweise längst verschwundenen – Wirtschaftsmedien wird am Schluss ein verklärter Blick ins Ausland geworfen: In den USA etwa seien CVS und Walgreens längst Gesundheitszentren mit Medikamenten, Tests und Impfungen unter einem Dach. Skandinavische Apothekenketten kombinierten digitale Beratung mit Präsenzfilialen. Fazit des Autors, von Hause aus Ökonom und bekennender Anhänger des Liberalismus: „Überall: mehr Versorgung, nicht weniger. Schließlich gehört Gesundheit ins Regal, nicht in die Hände von Kartellen.“
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