Leere Pipelines, rigorose Behörden: Weil neue Arzneimittel an den Budgets der Krankenkassen zehren, legen Regierungen überall auf der Welt zunehmend strengere Maßstäbe für die Erstattung an. Den Pharmafirmen fällt es schwer, neue Blockbuster zu etablieren. Ein Ausweg sind spezielle Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen. Nach einer Studie des Marktforschungsunternehmens Insight Health zielen 10 der 30 für dieses Jahr erwarteten Neueinführungen auf eine Nische.
Besondere Regelungen für Orphan Drugs gab es schon immer. Dazu zählen beispielsweise vereinfachte Zulassungsverfahren mit ermäßigten Gebühren und eine zehnjährige Marktexklusivität unabhängig vom Patentschutz. Auch im AMNOG nehmen Medikamente gegen seltene Erkrankungen eine Sonderstellung ein: Die Hersteller müssen den zusätzlichen Nutzen ihrer Produkte erst dann nachweisen, wenn deren GKV-Umsatz im ambulanten Bereich die Grenze von 50 Millionen Euro überschreitet.
Laut Insight Health erreichen diesen Umsatz derzeit nur fünf Präparate: Glivec (Imatinib, Novartis), Revlimid (Lenalidomid, Celgene), Tracleer (Bosentan, Actelion), Nexavar (Sorafenib, Bayer) und Replagal (Agalsidase alfa, Shire). Die Hersteller brauchen den Nutzen allerdings nicht mehr nachzuweisen, denn die neue Regelung gilt nur für Neueinführungen.
Die 62 derzeit zugelassenen Orphan Drugs erzielten in Deutschland im vergangenen Jahr einen Umsatz von einer Milliarde Euro nach Apothekenverkaufspreisen; der Einsatz im Krankenhaus oder auf Privatrezept ist dabei nicht berücksichtigt. Die Preise variieren zwischen 64,46 Euro für Inovelon (Rufinamid, Eisai, Reimport) und 24.471 Euro für Replagal. Die meisten Präparate gehören zu den hochpreisigen Arzneimitteln: Unter den 30 teuersten Medikamenten sind 18 Orphan Drugs.
Zu Orphan Drugs zählen Arzneimittel zur Behandlung von Krankheiten von denen höchstens fünf unter 10.000 Menschen betroffen sind. Rund 7000 solcher Erkrankungen sind derzeit bekannt.
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