Die Arzneimittelversorgung könnte so ein lukratives Geschäft sein, wenn man nur nicht so viel Zeit mit den Patienten vergeuden müsste. Die Otto Group hat eine Idee: Der Konzern bastelt den Webshop und druckt die Werbung. Die Apotheke übernimmt die Beratung und fährt die Arzneimittel aus; „After Sale Service“ heißt das pharmazeutische Kerngeschäft bei Otto. Dafür will man in Hamburg die Hälfte der Marge abhaben, Kundendaten fallen praktischerweise nebenbei ab.
Wie sich das für die Apotheken rechnen soll, ist bislang das Geheimnis des Versandhauses und seiner Geschäftsentwickler. Laut deren Konzept sollen die Apotheken den preisaggressiven Versandapotheken Paroli bieten können. Aber wie soll das funktionieren, wenn die Provision schon alle Erträge auffrisst? Ohnehin stellt sich die Frage, in welchen Umsatzdimensionen Otto träumt.
Wenn der Konzern mit dem Konzept an die Öffentlichkeit geht, wird es sich auch einer rechtlichen Überprüfung stellen müssen. Denn eine Institutionalisierung des Apotheken-Botendienstes ist in der Apothekenbetriebsordnung nicht vorgesehen - jedenfalls nicht in der aktuell gültigen Fassung.
Auch für die geplante Rezeptübergabe an der Haustür im Tausch gegen das Arzneimittel dürften sich Arzneimittelrechtler interessieren. Nicht zuletzt ist die Frage nach dem Fremdbesitzverbot zu stellen, wenn ein Konzern Teile des Betriebs einer Apotheke übernimmt und dafür proportional an den gesetzlichen Margen beteiligt wird.
Unterschätzen sollte man den Vorstoß trotzdem nicht. Otto will in Hamburg mit fünf Apotheken starten. Dass sich ein Konzern mit 11 Milliarden Umsatz damit zufrieden gibt, steht nicht zu erwarten. Dass Otto vom Apothekenmarkt keine Ahnung und keine Expertise für eine eigene Versandapotheke hat, weiß man in der Konzernzentrale selbst. Aber das muss nicht so bleiben.
Vermutlich wird es wieder Apotheken geben, die sich auf die „Expertise im Bereich Multichannel-Commerce“ eines starken Partners stützen möchten. Und nach dem Rausch folgt dann die Ernüchterung. ottos mops kotzt. Ernst Jandl 1963.
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