Apotheke stagniert, Versand wächst

„Online-Handel ist die Zukunft“

, Uhr
Berlin -

Der Versandhandel hat sich bei den Bürger:innen etabliert. Schon jetzt fließt jeder vierte Euro im Bereich Consumer Healthcare (CHC) ins Netz. Der Marktanteil nach Umsatz liegt bei 25,3 Prozent. Und das Wachstumspotenzial ist groß; der Durchschnittsumsatz pro Shopper steigt bei geringerem Warenkorb. 

„Der Versandhandel ist gekommen, um zu bleiben. Er ist ein Wachstumskanal“, sagte Céline Béchara, DatamedIQ, auf dem Kongress des Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken (BVDVA). Der Umsatz in der Offizin stagniert und hat im vergangenen Jahr nur ein Plus von 0,5 Prozent verzeichnet – aktuell sind es 2,4 Prozent Wachstum. Online-Apotheken haben im vergangenen Jahr hingegen um 11 Prozent zugelegt, aktuell liegt der Versand bei einem Plus von 9,3 Prozent.

CHC-Shopper-Insights

Zwar werden 6,7 Prozent weniger Artikel pro Kauf verzeichnet, aber der Durchschnittspreis je Artikel steigt um 3,5 Prozent. Zudem gibt es 7,4 Prozent mehr Online-Shopper und eine um 5,4 Prozent gestiegene Bestellfrequenz. Und auch der Durchschnittsumsatz der Shopper ist um 1,7 Prozent auf 98,20 Euro gestiegen. Das Wachstum wird durch mehr Käufer:innen und eine höhere Bestellfrequenz erreicht.

Bestellt wird in der Regel von älteren Personen, noch dominieren sie den Markt. Doch das Klientel verschiebt sich vor allem bei jungen Frauen unter 40 Jahren. Noch machen Frauen zwischen 18 und 29 Jahren nur einen geringen Anteil aus, aber das Wachstum liegt bei 72 Prozent. Bei jungen Männern der Altersgruppe liegt das Plus bei 113 Prozent. Versender müssen neue Interessensgebiete, eine neue Ansprache und neue Touchpoints erschließen.

Warum kaufen Menschen online?

72 Prozent: Preis besser als in Offizin
50 Prozent: Preise besser vergleichbar
32 Prozent: Muss das Haus nicht verlassen

Was wird gekauft?

Unter den Top 10 nach Umsatz sind „andere Dermatika“ mit Plus 17,8 Prozent am stärksten gestiegen, doch auch Produkte zur Darmgesundheit legen zweistellig zu. Zudem sind die Versandanteile besonders hoch in den Bereichen Nahrungsergänzungsmittel und Diätprodukte.

Die Top 3 Marken der umsatzstärksten Herstellermarken sind Orthomol, La Roche-Posay und Eucerin. Diese Marken belegen die Spitzenplätze im Wachstumsmarkt.

Zudem rückt das Thema Selbstfürsorge mehr und mehr in den Fokus.

  • 55 Prozent erachten präventive Gesundheitsvorsorge als wichtig
  • 60 Prozent treiben mindestens ein- bis zweimal pro Woche Sport
  • 84 Prozent nehmen NEM – 44 Prozent davon sogar regelmäßig

Die Zukunft der Selbstmedikation wird aus verschiedenen Bestandteilen bestehen. Zum einen wird die Versorgung individueller und zum anderen der Zugang vielfältiger. Aber auch die Rollen werden sich wandeln, weil die Menschen mehr zu ihren eigenen Gesundheitsmanagern werden. Zudem werden Sortimente den Bedarf widerspiegeln.

Dass die Basis an Bestellenden größer wird, bestätigt Frank Weißenfeldt von Insight Health. Während der Corona-Pandemie haben die Älteren eine Affinität zum Digitalen erlangt – jetzt sind es die jüngeren, die nachziehen. Laut Weißenfeldt ist die Anzahl der Artikel pro Warenkorb in den öffentlichen Apotheken gesunken. Ein Wachstum gibt es dennoch. Der Grund: gestiegene Preise.

Preis entscheidend

Die Preissensibilität der Verbraucher:innen steigt, so Weißenfeldt. Das kommt dem Versand zugute, da im Netz die Preise verglichen werden können und die Preistransparenz größer ist.

Online-Kauf ist selbstverständlich

„Die Menschen werden immer affiner und es wird immer selbstverständlicher Gesundheitsprodukte online zu kaufen“, sagt Christoph Wenk-Fischer vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh). Was sich ändert sind Kundeninformationen sowie Marketing und Werbung. Referenzen sind nötig. Es brauche Menschen, die glaubhaft klarmachen können, dass sie Ahnung von den Produkten haben und sich Verbraucher:innen mit ihnen identifizieren können. Stichwort: Influencer. „Heilmittelwerbung ist noch nicht da angekommen, wo die Zukunft der Selbstmedikation ist.“ Zudem gibt Wenk-Fischer zu bedenken, dass 25 Prozent aller Vor-Ort-Apotheken eine Versandhandelserlaubnis haben. „Online-Handel ist die Zukunft.“

Datenvorteil

Der Versand besitzt eine gute Basis und müsse den Datenschatz vertrauensvoll nutzen, um beraten zu können. Aufgrund der Daten ist eine ganzheitliche Betrachtung möglich – ein Vorteil gegenüber den Vor-Ort-Apotheken. Diese bekommen ein Rezept, beliefern, fertig. „Online-Apotheken können anders agieren.“ Ein Beispiel seien zusätzliche Angebote und eine Referenzierung durch KI.

Das persönliche Gespräch wird immer eine Rolle spielen, findet Lutz Boden von Pharma Deutschland. Das Kundenklientel wird eine hybride Mischung sein.

„Beratung wird online stärker werden“, so Weißenfeldt. Noch sind Preis und Lieferung entscheidende Faktoren aber auch die Anonymität ist ein Kriterium für Online-Apotheken. Das bestätigt, dass schambehaftete Produkte vermehrt online gekauft werden.

Guter Journalismus ist unbezahlbar.
Jetzt bei APOTHEKE ADHOC plus anmelden, für 0 Euro.
Melden Sie sich kostenfrei an und
lesen Sie weiter.
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Amtshilfe durch Amtsapotheker
NRW will Holland-Versender kontrollieren
3000 Euro Wechselprämie
DocMorris sucht Rezeptur-PTA
Mehr aus Ressort
Biotech-Deal auf der Zielgeraden
Biontech: Curevac-Übernahme vor Abschluss
Neues Design, neue Produkte
BioGaia wird erwachsen