Kommentar

Konditionen über Bord

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Wenn zwei der fünf führenden Pharmagroßhändler gleichzeitig ihre Konditionen mit derselben Maßnahme anpassen, dann macht das - neugierig. Wer ist der Taktgeber für diesen Gleichschritt? Ist es eine ähnliche Kostenstruktur? Oder sind es geteilte Vorstellungen, was Gebiete und Konditionen angeht? Man muss mit seinen Worten vorsichtig sein in diesem Bereich. Auch unter den Mineralölkonzernen ist der Wettbewerbsdruck bekanntlich so hoch, dass sich die Benzinpreise an der Tankstelle praktisch parallel bewegen.

Spricht man mit Apothekern, hört man erstaunliche Geschichten: Über Außendienstler, die einen ebenso umsatz- wie zahlungskräftigen Neukunden nach Rücksprache mit der Konzernzentrale ablehnen müssen - aus Angst vor Gegenschlägen des verlassenen Mitbewerbers. Über Autobahnraststätten, an denen sich Emissäre zum kollegialen Austausch treffen. Oder über Rechnungen, die auf größtmögliche Intransparenz angelegt sind.

Was auch immer dran ist an solchen Gerüchten, sie machen eines deutlich: Apotheker und Großhändler stehen in keiner Freundschafts-, sondern in einer Geschäftsbeziehung. Insofern steht es den Firmen natürlich frei, ihre Konditionen - unter Beachtung kartellrechtlicher Vorgaben - an der eigenen Leistungsfähigkeit auszurichten. Niemand kann Rabatte gewähren, die er nicht erwirtschaftet.

Das Märchen des einen Bootes, in dem Großhändler und Apotheken sich aneinander festhalten und den Unwägbarkeiten von Politik und Markt entgegen schippern, sollte sich aber niemand mehr auftischen lassen. Als sich der heutige Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zu der Behauptung verstieg, Apotheken bräuchten keine Rabatte, hätte auch der Phagro aufschreien müssen. Doch Verbandschef Dr. Thomas Trümper menetekelte lieber, wie düster die Zukunft aussehe, und legte mit der Feststellung nach, dass niemand Anspruch auf Rabatte habe.

Gleichzeitig legt der Phagro Wert auf die Feststellung, dass der Großhandel sein 200 Millionen Euro schweres AMNOG-Päckchen selbst trägt. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Belastung an die Apotheken durchgereicht wird, dann ist eine Konditionenkürzung mit dem Namen „AMNOG/GKVÄg-Ausgleich“.

Unbestritten ist der Druck auf die Großhandelsmargen mit den Spargesetzen nicht kleiner geworden. Aber das betrifft die Apotheken ebenfalls. Insofern sollte sich niemand wundern, wenn sie nach Ausgleich suchen und ein Auge auf das Direktgeschäft werfen. Natürlich brauchen sich die Partner gegenseitig. Aber warum sollten die Apotheken zuerst an die Notwendigkeit eines vollversorgenden Großhandels denken als an das eigene Überleben?

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