Wirtschaftliches Interesse

dm-Gesundheitschecks: Ärzte warnen vor Folgen

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Berlin -

dm bietet immer mehr telemedizinische Leistungen an. Ärztinnen und Ärzte sehen dies kritisch. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KV) etwa fragt sich, was das Ziel dieser Vorsorge sei. Gleichzeitig moniert der Berufsverband der Augenärzte generell Augenscreening-Angebote von Drittanbietern.

Haut- und Augenchecks sowie Blutabnahme im Drogeriemarkt: dm weitete zuletzt das Gesundheitsangebot deutlich um telemedizinische Angebote aus. Dabei kooperiert das Karlsruher Unternehmen mit verschiedenen Start-ups, die für die Analysen zuständig sind.

Bei der KV hat man das Angebot noch nicht genau unter die Lupe genommen. „Wir kennen das Angebot zu wenig, um es detailliert beurteilen zu können“, sagt ein Sprecher. „Fraglich ist, worin das genaue Ziel vor dem Hintergrund der Gesundheitsvorsorge besteht. Bei der Interpretation der Werte müssen viele Faktoren berücksichtigt werden.“ Mit welcher Fachexpertise – in diesem Fall über die Firma Aware – dies geschehe, könne nicht beurteilt werden.

Wo bleibt die Betreuung?

Die Kassenärzt:innen betonen auch, dass keine weitere Betreuung der Patientinnen und Patienten vorgesehen ist – etwa falls Werte zu Maßnahmen führen müssten. „Wir warnen auch ein wenig davor, zu ‚wertegläubig‘ zu sein. Blutwerte, Extreme nicht berücksichtigt, sind nur ein Anzeichen für eine mögliche Erkrankung“, so der Sprecher. Zudem sei mit Blick auf die Hygiene und die Betreuung der Patient:innen, die vielleicht Probleme mit dem Kreislauf bekämen könnten, nicht zu beurteilen, „unter welchen Bedingungen die Blutentnahmen erfolgen“.

Die Augenärzt:innen werden konkreter: „Augengesundheit gehört in fachärztliche Hand“, betont der Vorstand der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA). Wie genau die Aufnahmen ausgewertet werden, sei nicht weitergehend erläutert. „Geprüft“ durch Künstliche Intelligenz (KI) sowie „ärztlich validiert“ seien inhaltlich nicht ausreichend definierte Begriffe. „Der Einsatz von KI ist nicht standardisiert; es gibt keine einheitlichen Vorgaben, die einen fachärztlichen Standard garantieren. Wie genau die Auswertung verläuft, auf welche Metadaten die KI zurückgreift und in welcher Weise diese die Auswertung prägen, ist so nicht zu beurteilen. Fakt ist: KI-unterstützung kann hilfreich sein, ist jedoch kein Garant für korrekte Ergebnisse und kein validierter Standard in der Medizin und bei Screenings“, sagte BVA-Vorsitzende Daniel Pleger.

Unterbietungswettbewerb und Eigeninteressen

Mit den neuen Gesundheitsleistungen reihe sich dm bei Anbietern wie Ocumeda und Mirantus ein, die ebenfalls sogenannte „Augenscreenings“ anböten. „Wir beobachten aktuell eine Vielzahl von Unternehmen, die in den Markt drängen und damit werben, Augenkrankheiten telemedizinisch feststellen zu können und laut deren Aussage so ein niedrigschwelliges Angebot zur Krankheitsvorsorge geschafft werden soll“, so Pleger. Mit dem neuen Angebot scheine man „offensichtlich die Tür für einen preislichen Unterbietungswettbewerb der Anbieter öffnen“ zu wollen. „Aus unserer Sicht spielen bei diesen Angeboten wirtschaftliche Interessen eine wesentliche Rolle und man möchte anscheinend schnell einen wirtschaftlichen Markt erschließen.“

Solche Angebote belasteten das Gesundheitssystem und den Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher. „Eine verbindliche medizinische Augenvorsorge kann nur durch die Untersuchung bei einer Augenärztin oder Augenarzt gewährleistet werden.“

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