Kasse haftet für Boni-Beileger

DAK darf nicht für DocMorris werben

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Berlin -

Die DAK Gesundheit haftet für Werbung, die sie in ihrer Mitgliederzeitschrift für DocMorris veröffentlicht hat. Das Bundessozialgericht (BSG) gab einer Klage des Hamburger Apothekervereins statt, der bis dahin erfolglos geblieben war.

Laut BSG durfte sich der Verein auf den Arzneiversorgungsvertrag stützen, nachdem die Versicherten von den Ersatzkassen nicht zugunsten bestimmter Apotheken oder Lieferanten beeinflusst werden dürfen. Dazu kommt eine seit 2020 geltende gesetzliche Regelung: § 31 Abs 1 Satz 6 Sozialgesetzbuch (SGB V) gibt ebenfalls vor, dass Krankenkassen – soweit gesetzlich nicht anders geregelt oder aus medizinischen Gründen geboten – die Versicherten nicht dahingehend beeinflussen dürfen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen.

Sinn und Zweck dieser Regelungen seien die Sicherung des Rechts der Versicherten auf freie Apothekenwahl und der Neutralitätspflicht der Krankenkassen im Apothekenwettbewerb, die dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung seit jeher immanent sei.

Werbebeilage für Boni

Die DAK hatte ihrem kostenlosen Mitgliedermagazin „fit“ eine Werbebeilage von DocMorris beigefügt. Darin wurde der Rx-Bonus von bis zu 12 Euro pro Rezept und einen Kennenlern-Vorteil von 5 Euro bei Rezepteinsendung durch Neukunden beworben. Ein an die niederländische Versandapotheke adressierter Freiumschlag außerdem dabei.

Laut BSG liegt damit eine rechtswidrige Beeinflussung liegt vor – auch wenn die Krankenkasse nicht selbst und gezielt auf eine bestimmte Apotheke hingewiesen habe. Schon das Beifügen einer „unmittelbar auf eine Beeinflussung zur Einlösung von Rezepten bei ihr zielenden Werbebeilage einer Versandapotheke“ in der Mitgliederzeitschrift sei als Verstoß gegen die von den Krankenkassen einzuhaltende Neutralitätspflicht zu werten.

Unzulässige Beeinflussung

Denn die Aktion gehe wirtschaftlich zulasten aller weiteren Apotheken: „Dass auch alle diese Apotheken in dieser Weise in der Mitgliederzeitschrift werben könnten, ist ausgeschlossen; das macht deutlich, dass von der Krankenkasse mit der Beifügung der Werbebeilage eine Auswahlentscheidung getroffen worden ist, die zudem in ihrem wirtschaftlichen Eigeninteresse liegt. Dies rechtfertigt es, der Krankenkasse die Werbebotschaft der Versandapotheke zuzurechnen.“

Dabei genüge es auch nicht, im Impressum darauf hinzuweisen, die enthaltene Werbung diene zur Refinanzierung der Zeitschrift und stelle keine Empfehlung der Krankenkasse dar. „Das nimmt der Beifügung einer Werbebeilage einer bestimmten Apotheke wie hier durch die rechtlich auf Neutralität im Apothekenwettbewerb verpflichteten Krankenkassen nichts von ihrer rechtswidrigen beeinflussenden Wirkung auf die Versicherten zugunsten einer bestimmten Apotheke.“

Es spiele gar keine Rolle, wie die Leser die Werbung als Verbraucher und mündige Leser die Werbung verstünden: „Die Bewertungsmaßstäbe folgen nicht aus dem zivilrechtlichen Lauterkeitsrecht, sondern aus dem öffentlich-rechtlich geordneten Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung.“ Gerade weil die Kasse die Werbung bis zuletzt verteidigt habe, stehe dem Apothekerverein der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zum Schutz vor ähnlichen Aktionen in der Zukunft zu.

Sozialgericht und Landessozialgericht hatten die Sache noch anders gesehen. Doch in letzter Instanz setzten sich die Apotheker durch: Das BSG verurteilte die Kasse zur Unterlassung sowie zur Zahlung der vorgerichtlichen Abmahnkosten.

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