Retaxationen sind nie erfreulich für Apotheken. Selbst wenn erfolgreich Widerspruch gegen die Kürzung eingelegt werden kann, bleiben Aufwand und Ärger. Dass es besonders kompliziert werden kann, wenn die Apotheke das Rechenzentrum wechselt, zeigt der Fall einer Apothekerin aus Wolfsburg. Weil sie nicht mehr nachvollziehen kann, welche Forderungen es noch gegen sie gibt, hat sie jetzt Strafanzeige gegen ihr altes Rechenzentrum gestellt.
Ende 2010 hatte die Apotheke wegen mehrerer Abrechnungen über Hilfsmittel Stress mit der Deutschen BKK. Rezeptprüfungen in diesem Bereich lässt die Kasse von der Tochterfirma KV Service Plus durchführen. Beanstandet wurde die Kodierung auf den Rezepten. Der Fehler konnte jedoch korrigiert werden, im Mai wurde der Einspruch der Apotheke anerkannt. Doch die Rückzahlung ließ auf sich warten.
Denn zum Jahreswechsel hatte die Apotheke ein neues Rechenzentrum beauftragt. Deswegen fühlte sich der alte Anbieter, die ARZ Haan, nicht mehr für die Apotheke zuständig. Die KV Service Plus auf der anderen Seite wollte die Sache weder mit dem neuen Abrechner, noch mit der Apotheke direkt klären.
Erst nach mehrfachen Nachfragen habe das ARZ Haan Anfang Juli einen Betrag überwiesen, sagt die Apothekerin. Allerdings war die Summe gekürzt worden. Die KV Service Plus hatte zwischenzeitlich weitere Retaxierungen aus dem Herbst 2010 an das alte Rechenzentrum geschickt. Die ARZ Haan hatte diese Forderungen offenbar zurückgewiesen. Weil die Apotheke aber darüber nicht informiert wurde, konnte sie auch keinen Widerspruch gegen die Retaxbescheide einlegen.
Jetzt wurde es der Apothekerin zu bunt: Zuerst hatte sie den Landesapothekerverband Niedersachsen eingeschaltet, vergangene Woche hat sie sogar Strafanzeige gegen das ARZ Haan wegen Unterschlagung gestellt. Außerdem will sie von beiden Seiten eine genaue Aufstellung über alle Beanstandungen und Gutschriften.
Wer das Abrechnungschaos verschuldet hat, darüber sind die Beteiligten unterschiedlicher Auffassung: Die Kassenprüfer berufen sich auf den Zeitpunkt des ersten Vorgangs. Damit sei immer das Rechenzentrum für einen konkreten Fall zuständig, das das Rezept eingereicht hat - auch wenn es die Apotheke nicht mehr vertritt. Eine Übertragung der Zuständigkeit auf ein anderes Rechenzentrum sei unüblich, sagte ein Sprecher der KV Service Plus.
Das sieht man beim ARZ Haan anders: Absetzungen und Gutschriften müssten immer über den aktuellen Abrechner abgewickelt werden, weil zwischen den ehemaligen Partnern gar kein Rechtsverhältnis mehr bestehe. Für die KV Service Plus sei es natürlich bequemer, alle noch offenen Retaxationen an das alte Rechenzentrum zu schicken. „Aber das entspricht nicht den rechtlichen Vorgaben“, sagte ein Sprecher. Der ARZ-Sprecher betonte aber, dass keine Zahlungen einbehalten würden: „Wenn wir Geld für eine Apotheke erhalten, wird das sofort ausgezahlt.“ Zudem habe man die KV Service Plus aufgefordert, Apotheken direkt über Retaxierungen zu informieren.
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