Versandapotheken

Apo-Rot lässt sich Rezepte schreiben

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Berlin -

Deutsche Versandapotheken haben es im Wettbewerb um Rezepte nicht leicht: Die Konkurrenz aus den Niederlanden lockt mit Rx-Boni – und in Apotheken vor Ort bekommen die Patienten ihre Medikamente deutlich schneller. Die Hamburger Versandapotheke Apo-Rot versucht es jetzt auf einem anderen Weg und lässt sich die Rezepte direkt aus der Praxis schicken. Die deutschen Ärzte sitzen in England und stellen die Diagnosen im Internet. Hinter dem Projekt stehen ehemalige Mitarbeiter von Celesio und Hamburger Geschäftsleute.

In Großbritannien ist das Konzept der „Online Doctors“ nicht neu: Unter dem Namen „DrThom“ stellen Ärzte auf der Insel schon seit 2002 Rezepte im Internet aus, die Medikamente bringt exklusiv die Versandapotheke von Lloydspharmacy. Beide Unternehmen gehören zum Stuttgarter Pharmahändler Celesio.

Die Ähnlichkeit beim Konzept und im Namen ist kein Zufall: Bei „DrEd“ arbeiten vier ehemalige Mitarbeiter von „DrThom“. Diese hatten schon seit eineinhalb Jahren geplant, das Modell auch in Deutschland einzuführen – doch bei Celesio wollte man sich nach DocMorris darauf offenbar nicht einlassen. Also machten sich David Meinertz und Amit Khutti selbstständig und engagierten Jens Apermann als Kontaktmann für den deutschen Markt.

Apermann schmiss für „DrEd“ seinen Job bei der Hamburger Drogeriekette Budnikowsky, für die er zuletzt ein Franchise-Konzept für Apotheken aufgelegt hatte. Jetzt soll er die Onlinepraxis nach außen vertreten – und den Kontakt zu Apo-Rot halten.

In der Hansestadt laufen alle Fäden zusammen: Partner von Meinertz und Khutti beim Arztprojekt ist der Hamburger Unternehmer Marc-Oliver Griefahn. Griefahn ist Gesellschafter des Medizintechnik-Anbieters Weinmann (Weinmann, MCC, Corscience) und über eine Beteiligungsfirma zu gut einem Viertel an „DrEd“ beteiligt. Ebenfalls mit an Bord sind über eine entsprechende Holding mehrere IT-Unternehmer um die Hamburger Firma Computerrock. Selbst der ärztliche Leiter von „DrEd“, Dr. Jasper Mordhorst, kommt aus Hamburg.

Der Bezug kommt nicht von ungefähr: „DrEd“ richtet sich ausschließlich an deutsche Patienten. Das Portfolio umfasst in der Mehrzahl Behandlungsangebote und nicht erstattungsfähige Arzneimittel aus dem Lifestyle-Bereich: erektile Dysfunktion, Haarausfall, Verhütung. Zu den angebotenen Diagnosen zählen aber auch Bluthochdruck und Asthma.

Die „Sprechstunde“ besteht aus einem Fragebogen, auf dem der Patient Angaben zu seinen Beschwerden, seiner Lebensweise und aktuellen Medikation macht, auch Gewicht und Blutdruckwerte werden abgefragt. Nach der Anmeldung stellt der Arzt eine Diagnose oder verweist den Patienten an seinen Hausarzt. Die Behandlung kostet zwischen 9 und 29 Euro, wenn tatsächlich ein Rezept ausgestellt wird.

Die Rezepte schicken die Ärzte auf der Insel direkt nach Hamburg zu Apo-Rot. Alternativ können sich die Kunden die Verordnungen nach Hause schicken lassen, doch angesichts des auf Diskretion ausgelegten Geschäftsmodells liegt der direkte Weg über Apo-Rot näher. Die Versandapotheke betreibt in Deutschland schon seit mehr als einem Jahr auch ein Abholkonzept mit rund einem Dutzend Franchise-Apotheken.

Laut Apermann gibt es für „DrEd“ Zuspruch von berufener Stelle: Im Beirat sitzen die (Ex-)Direktoren dreier Universitätskliniken. Darauf ist Apermann sehr stolz – rechnet aber dennoch zu Beginn mit rechtlichen Angriffen gegen das Projekt. Die Macher von „DrEd“ berufen sich auf EU-Recht, doch die niedergelassenen Ärzte in Deutschland protestieren.

Denn in Deutschland muss sich der Arzt laut der Arzneimittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom „Zustand des Patienten überzeugen“. Nur in Ausnahmen können Folgeverordnungen ohne neue Behandlung ausgestellt werden. Vergleichbare Modelle niederländischer Versandapotheken und ihrer Ableger sehen auch hiesige Ärzte deshalb kritisch.

Bei „DrEd“ ist man dagegen sogar davon überzeugt, dass die Behandlungskosten grundsätzlich von deutschen Krankenkassen übernommen werden können – analog zu einem Arztbesuch in einem anderen EU-Land. Details sollen die Kunden trotzdem lieber mit ihrer Kasse klären, rät „DrEd“.

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