Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) geht selbstbewusst in die Verlängerung ihres Verfahrens gegen DocMorris. Denn im Grunde geht es nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht mehr um die Preisbindung, sondern um das gesamte Geschäftsmodell der Versender.
Der BGH hat den Streit um Schadenersatzforderungen von DocMorris gegen die AKNR zurück ans Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) verwiesen. Dort soll nicht nur geklärt werden, ob wegen zwei verbliebener Fälle tatsächlich Ansprüche bestehen. Zuvorderst soll die Frage geklärt werden, ob DocMorris den Vorschriften zum Betrieb einer Präsenzapotheke entsprochen hat und damit überhaupt zum Versand nach Deutschland berechtigt war.
„Diese selbsternannten Apotheken – in Wahrheit handelt es sich um Hochregallager – beliefern ausschließlich Patientinnen und Patienten außerhalb der Niederlande, oft ohne wirksame staatliche Aufsicht“, ordnet Dr. Bettina Mecking, Justiziarin und Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein, die Realität hinter der Grenze ein. „Wesentliche Punkte, die eine Apotheke zu einer Apotheke machen, sind hier aus unserer Sicht nicht erfüllt. Richtig: DocMorris & Co. beschäftigen Apothekerinnen und Apotheker – das war es dann aber auch schon. Mit einer ordentlichen, an den Bedürfnissen und Erwartungen der Patienten und Kunden ausgerichteten Versorgung mit Arzneimitteln hat der ausländische Versandhandel nichts zu tun.“
Mehr noch: „Um einer Überprüfung durch die Behörden vor Ort zu entgehen, wird regelmäßig auf die Abgabe niederländischer Arzneimittel verzichtet – beziehungsweise nicht an Patienten oder Kunden in den Niederlanden versandt“, so Dr. Morton Douglas von der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen in Freiburg, die die Kammer regelmäßig vertritt. „Apotheken in Deutschland müssen sich an hiesige Gesetze halten und werden regelmäßig kontrolliert – und gleichzeitig entziehen sich die ausländischen Versender der Kontrolle. Dass dieses unfaire Treiben von der Politik geduldet wird, frustriert Apotheken in Deutschland. Das wird uns immer wieder gespiegelt.“
„Grenzapotheken ohne echte Präsenz und ohne Aufsicht sind ein ernstes Sicherheitsrisiko. Wir fordern verbindliche Vor-Ort-Prüfungen und umfassende behördliche Kontrolle – auch für Versandlogistiker“, ergänzt Mecking. „Nur so kann das Vertrauen der Bevölkerung in hohe Qualitätsstandards geschützt werden: Der Verbraucher weiß, wenn er eine Apotheke in Deutschland betritt, dass diese regelmäßig kontrolliert wird. Dieses Vertrauen wird enttäuscht, wenn aus den Niederlanden heraus faktisch nicht kontrollierbare Betriebe agieren.“
Man begrüße die anstehende Prüfung durch das OLG, das die Anforderungen an eine Präsenzapotheke klären soll. Entscheidend müsse dabei der Zeitpunkt der Klageerhebung sein: Eine nachträgliche Errichtung einer echten Präsenzapotheke ändere an der Rechtslage nichts mehr. Dies gelte auch mit Blick auf die möglichen Konsequenzen, insbesondere die etwaige Rückzahlungsverpflichtungen für ungerechtfertigt erbrachte Leistungen der Krankenkassen.
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