Nur bestimmte Wirkstoffe zugelassen

EuGH prüft teilweises OTC-Versandverbot

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Berlin -

Der Versandhandel mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist EU-weit erlaubt; das hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits 2003 entschieden. Jetzt müssen die Richter aus Luxemburg aber noch einmal ran: Es geht um die Frage, ob die Mitgliedstaaten die Regelung vom Wirkstoff abhängig machen dürfen.

In Griechenland ist der Rx-Versand komplett verboten, auch bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist das Angebot eingeschränkt: Nur jene rund 220 Wirkstoffe sind für den Versand durch Apotheken zugelassen, die die Regierung 2016 auf Druck der großen Supermarktketten für den allgemeinen Verkauf freigegeben hatte. Dabei handelt sich um ein Arzneimittel zur Behandlung offensichtlicher Symptome wie Kopfschmerzen und Übelkeit oder einfacher Fälle wie Insektenstiche. Die Dosierungsanleitung muss leicht verständlich sein, Neben- und Wechselwirkungen müssen sehr selten sein. Konkret finden sich auf der Liste Wirkstoffe wie Acetylsalicylsäure, Glycerin, Glucosamin, Hexetidin, Paracetamol und Retinylpalmitat.

Dabei kommen nur Packungsgrößen und Wirkstärken in Frage, bei denen keine Gefährdung zu erwarten ist. Ein Verkauf an Minderjährige ist verboten, pro Transaktion dürfen nicht mehr als zwei Packungen abgegeben werden. Verstöße können mit Geldbußen zwischen 20.000 und 100.000 Euro geahndet werden, im Wiederholungsfall doppelt so viel.

Eine Apotheke aus Karditsa zog gegen die Verordnung von Gesundheits- und Entwicklungsministerium vor Gericht. Sie will die gemeinsame Ministerialverordnung für nichtig erklären lassen, soweit zertifizierte Online-Shops von Apotheken nur für den allgemeinen Verkehr freigegebene Arzneimittel und nicht auch andere nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel im Fernabsatz durch Dienste der Informationsgesellschaft an die Öffentlichkeit verkaufen dürfen.

Da bis zur Novellierung sämtliche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel gleich welcher Art sowie Arzneimittel, deren Kosten von den Sozialversicherungsträgern nicht erstattet werden, online verkauft werden durften, begehrte die OHG 2019 bei der Panhellenischen Apothekerkammer die Zertifizierung ihres Webshops und die Verleihung des EU-Logos für Versandapotheken und reichte schließlich Untätigkeitsklage ein.

Das oberste Verwaltungsgerichts (Symvoulio tis Epikrateias) entschied 2022, dass die Apothekerkammer nicht verpflichtet war, den Anträgen stattzugeben. Allerdings äußerte das Gericht auch Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln noch differenzieren dürfen, welche Wirkstoffe im Versandhandel verkauft werden dürfen.

Kammer und Regierung hatten argumentiert, dass ohne die Einschränkung mehr als 1000 Arten von Arzneimitteln – 723 nicht verschreibungspflichtige und 302 nicht erstattungsfähige Arzneimittel – über das Internet vertrieben werden dürften, mit dem Risiko, dass die Kontrolle von Mehrfachmedikation und des Handels mit gefälschten oder ungeeigneten Arzneimitteln erschwert werde. Der Verkauf von Arzneimitteln über das Internet, auch von nicht verschreibungspflichtigen, berge Risiken für die öffentliche Gesundheit, da er „den Apotheker im Wesentlichen der Möglichkeit beraube, den Endverbraucher zu kontrollieren“ und die „Sicherheitsgarantie, die die manuelle Abgabe von Arzneimitteln durch einen Apotheker in einer Präsenzapotheke biete,“ entfalle.

Darüber hinaus bestehe in Griechenland für den Vertrieb sämtlicher nicht verschreibungspflichtiger und nicht erstattungsfähiger Arzneimittel durch Online-Shops von Apotheken kein Bedarf, und zwar „aufgrund der ausgezeichneten und ausgewogenen geografischen Verteilung“ der Apotheken im griechischen Staatsgebiet. Schließlich führte die Apothekerkammer Beispiele anderer Mitgliedstaaten wie Zypern und Portugal an, die den Vertrieb nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel über das Internet einschränken würden.

Vier Fragen sollen nun vom EuGH geklärt werden: Ist die Regelung überhaupt vereinbar mit EU-Recht? Sind Ausnahmen mit dem Ziel, die öffentliche Gesundheit zu schützen, erlaubt? Und wenn ja, rechtfertigen die angeführten Gründe diese Einschränkung? Und ist das teilweise Versandverbot auch erforderlich und geeignet, das Ziel zu erreichen? Morgen sollen dazu die Schlussanträge verkündet werden.

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