Apothekengründer brauchen Werbung

EuGH: Kein Schutz für Platzhirschapotheken

, Uhr
Berlin -

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das Werbeverbot für Apotheken in Polen gekippt. Denn das diene nicht dem Schutz vor übermäßigem Arzneimittelkonsum, sondern vielmehr dem Schutz alteingesessener Apotheken vor Konkurrenz.

Laut EuGH ist die Regelung schon deswegen nicht zu rechtfertigen, weil sie auch die Werbung für Dienstleistungen wie Testkampagnen erfasst. „Insoweit steht ein solches Verbot in keinem Zusammenhang mit dem Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, das darin besteht, die übermäßige Einnahme von Arzneimitteln zu bekämpfen, so dass es nicht als gerechtfertigt angesehen werden kann.“

Doch auch im Arzneimittelbereich sei dies nicht zu befürchten, denn laut EU-Richtlinie ist nur Werbung erlaubt, die den zweckmäßigen Einsatz des Arzneimittels fördert, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt, und nicht irreführend sein darf. „Der Unionsgesetzgeber wollte mit dieser Bestimmung die Verkaufsförderung für Arzneimittel ermöglichen, jedoch nicht zu ihrer übermäßigen Einnahme ermutigen.“

Selbst Preiswerbung führe vor allem dazu, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher über niedrigere Preise oder zusätzliche Dienstleistungen einer bestimmten Apotheke informieren könnten. „Somit können diese Personen infolge der Werbung beschließen, ihre üblichen Arzneimittel bei einer anderen Apotheke als derjenigen zu kaufen, deren Kunden sie zuvor waren, ohne dass dies zu einer Erhöhung der Menge der von ihnen gekauften Arzneimittel führt.“

Vorteil für alteingesessene Apotheken

Ein Werbeverbot bevorteile vor allem Apotheken, die seit vielen Jahren auf einem Markt präsent seien, und benachteilige diejenigen, die „in diesen Markt eintreten und dort mehr Dienstleistungen oder Dienstleistungen von besserer Qualität anbieten wollen“.

Einige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel könnten auch außerhalb von Apotheken verkauft werden könnten, etwa in Supermärkten, Kiosken oder Tankstellen. „Von dieser Möglichkeit wird in einem Umfang Gebrauch gemacht, der zwar im Vergleich zu den Einkäufen in Apotheken geringer, aber dennoch nicht zu vernachlässigen ist.“

Die polnische Regierung räume in ihrer Stellungnahme selbst ein, dass die übermäßige Einnahme von Arzneimitteln trotz des Werbeverbots weiterhin erheblich sei. Zwar werde behauptet, dass der übermäßige Verbrauch ohne dieses Verbot noch höher gewesen wäre. „Sie hat jedoch nicht dargelegt, warum es ihr nicht möglich gewesen sein soll, Daten über die Einnahme von Arzneimitteln zu erheben, bevor diese Bestimmung in Kraft getreten ist, und sie mit den Daten für die Zeit danach zu vergleichen.“

Daraus folge, dass die sich aus dem Werbeverbot ergebenden Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nicht geeignet seien, eine übermäßige Einnahme von Arzneimitteln zu bekämpfen.

Besonderes Vertrauensverhältnis

Der EuGH stellt nicht in Abrede, dass die Mitgliedstaaten im Bereich der Apotheken weiten Gestaltungsspielraum haben: „In Anbetracht der Bedeutung des Vertrauensverhältnisses, das zwischen dem Apotheker und seinem Kunden, der im Prinzip ein Patient ist, herrschen muss, kann der Schutz der Unabhängigkeit des Apothekerberufs somit einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses in Bezug auf die öffentliche Gesundheit darstellen.“

Aber das Argument, das Werbeverbot schütze Apotheker vor dem Druck seitens ihrer Arbeitgebern, den Absatz bestimmter Produkte zu steigern, greife nicht durch: „Das Verbot jeglicher Form der Werbung für Apotheken, Apothekenverkaufsstellen und ihre Tätigkeiten ist nämlich nicht geeignet, die Apotheker vor Druck zu bewahren, den die Inhaber von Apotheken ausüben könnten, um die Art und Weise zu beeinflussen, in der die Apotheker ihre Kunden beraten. Ein solcher Druck könnte unabhängig davon bestehen, ob für diese Apotheken geworben wird oder nicht.“

Obendrein könne der Schutz vor Mehrverbrauch durch weniger einschränkende Maßnahmen erreicht werden, etwa Vorgaben zum Inhalt und zur Ausgestaltung der Werbung. Auch so ließe sich das Berufsethos der Apotheker wahren.

Guter Journalismus ist unbezahlbar.
Jetzt bei APOTHEKE ADHOC plus anmelden, für 0 Euro.
Melden Sie sich kostenfrei an und
lesen Sie weiter.
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Neuere Artikel zum Thema