Bei seinen Bemühungen um deutlich niedrigere Arzneimittelpreise nimmt US-Präsident Donald Trump große Pharmakonzerne in die Pflicht. Binnen 60 Tagen sollten Hersteller wie Lilly, Novartis und Pfizer sicherstellen, dass Geringverdiener stärker von einer Bestpreisgarantie für Medikamente profitieren und neue Arzneimittel automatisch zum niedrigsten Preis angeboten werden. Zudem sollen im Ausland erzielte Mehreinnahmen an amerikanische Patienten und Steuerzahler zurückfließen, wie Trumps Sprecherin Karoline Leavitt vor Journalisten erklärte. In Briefen an 17 große Pharmakonzerne setzte er eine Frist bis zum 29. September.
Trump sind günstigere Arzneimittelpreise ein wichtiges Thema: Bereits Mitte Mai unterzeichnete er ein entsprechendes Dekret. In den USA gibt es bislang keine zentrale staatliche Regulierung dafür. Die Pharmaindustrie entscheidet weitgehend darüber, wie viel Arzneimittel kosten, während der Staat nur begrenzt Einfluss darauf hat.
Schon während seiner ersten Amtszeit hatte Trump erfolglos versucht, die Erstattungspreise für Medikamente an den niedrigsten Preis wohlhabender Vergleichsländer zu koppeln – damit sollten die Preise in den USA gesenkt werden. Der Vorschlag wurde nie umgesetzt, es gab rechtlichen und politischen Widerstand.
Unklar war nach der Ankündigung Leavitts am Donnerstag, wie genau die Bestpreisgarantie für neue Arzneien funktionieren soll. So merkte eine CNBC-Journalistin an, dass die „Most Favored Nation“-Preisgestaltung – so heißt die Bestpreisgarantie – sich an Preisen im Ausland orientiert. Das Problem: Neue Präparate werden üblicherweise als Erstes auf dem US-Markt eingeführt, sodass es keine Vergleichsmöglichkeit für geringere Preise gibt.
Erneut haben die Forderungen Trumps die Aktien von Pharmaunternehmen belastet. Zu den größten Verlierern gehörte heute die ohnehin angeschlagene Aktie von Novo Nordisk, deren Kurs um 4,3 Prozent sank. AstraZeneca gab um 3,8 Prozent nach und GSK um 1,8 Prozent. Am deutschen Markt erlitten Merck Abgaben von über 2 Prozent. „Schockierende Schlagzeilen“, waren die Forderungen aus Sicht von Analysten, die auch Zweifel äußerten, ob sich die Forderungen einfach umsetzen ließen. Hier gebe es gesetzliche Hürden.
Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zeigt sich besorgt über das Vorhaben, US-Preise künftig an die niedrigsten international verfügbaren Preise zu koppeln. „Wir sehen mit großer Sorge, dass die MFN-Preisbindung nicht nur den freien Wettbewerb gefährdet, sondern die globale Arzneimittelversorgung ins Wanken bringen könnte“, so Dr. Kai Joachimsen, BPI-Hauptgeschäftsführer. Das Preismodell bringe nicht nur finanzielle Risiken für Pharmaunternehmen, sondern auch versorgungspolitische Verwerfungen in der EU: Unternehmen könnten sich künftig gezielt aus niedrigpreisigen Märkten zurückziehen, um Preisanker-Effekte auf den US-Markt zu vermeiden.
„Werden europäische Preise zum Maßstab für den weltweit größten Pharmamarkt, hat das zwangsläufig Rückwirkungen auf die Einführung innovativer Arzneimittel in Europa. Damit droht eine deutliche Verzögerung oder gar ein Verzicht von Neuzulassungen in der EU – mit möglichen Folgen für Patientinnen und Patienten“, warnt Joachimsen.
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