Es ist der erste bekannte Fall, in dem ein gefälschtes E-Rezept vorgelegt wurde: In der Rats-Apotheke in Soest haben Angestellte per Zufall eine digitale Verordnung für ein Codein-Präparat als Fälschung identifiziert. Laut Polizei handelt es sich nicht um einen Einzelfall, sondern womöglich um echte kriminelle Aktivitäten.
Am Montag kam es laut Polizei zu fünf Fällen, in denen der am Ende festgenommene Tatverdächtige versucht hat, gefälschte E-Rezepte in Apotheken einzulösen. „Es hat den Anschein gemacht, dass er organisiert vorgeht, da er sich zwischendurch die Kleidung gewechselt hat“, sagt ein Polizeisprecher auf Nachfrage. Wie der Mann in der Arztpraxis an die E-Rezepte gelangt ist, werde derzeit ermittelt.
In die Rats-Apotheke war der Mann am Freitag gekommen; dort zeigte er einen Ausdruck eines QR-Codes vor. Hinterlegt war ein Rezept über DHC 120 mg. Da die Apotheke das Präparat nicht vorrätig hatte, wurde es bestellt. Nachdem es am Samstag nicht beliefert werden konnte, wurde der vermeintliche Kunde auf Montag vertröstet.
In der Rats-Apotheke bemühte man sich zwischenzeitlich, dem Mann so schnell wie möglich zu helfen. Eine Angestellte rief deshalb am Montag in der Arztpraxis an, um nach einem alternativen Produkt zu fragen, wie die PTA sagt. „Dort hat man uns gesagt, dass das Rezept nicht vom Praxisinhaber ausgestellt wurde und wir es nicht beliefern sollen.“ Es habe sich um eine Fälschung gehandelt. „Es soll nach Praxisschluss ausgestellt worden sein. Wie das zustande kommen kann und wo die Lücke in der Praxis ist, weiß ich nicht.“
Das Apothekenteam reagierte und informierte die Polizei. Diese versuchte, den mutmaßlichen Betrüger in der Offizin zu stellen. Als der Betrüger nach dem Eintreffen der Polizei von den Beamten angesprochen wurde, floh er und stieß dabei einen Polizisten zur Seite. Kurz darauf konnte er nicht weit von der Apotheke entfernt vorläufig festgenommen werden. Der 22-jährige Tatverdächtige leistete laut Polizeiangaben bei der Festnahme noch Widerstand. Bei der anschließenden Durchsuchung fanden die Einsatzkräfte neben Bargeld auch weitere Gegenstände, die im Zusammenhang mit zurückliegenden Diebstählen in Lippstadt und Soest stehen könnten.
In der Apotheke ist man über das gefälschte E-Rezept schockiert. „Wir haben immer gedacht, dass Fälschungen nur bei Papierrezepten vorkommen. Bei einem E-Rezept dachte ich immer, das hat Hand und Fuß“, sagt eine PTA aus dem Team. Sie fragt sich, wie sie künftig mit QR-Code-Ausdrucken umgehen soll. „Das ist schwierig. Muss man sich bei ortsfremden Patienten und auffälligen Präparaten jetzt immer mit einem Anruf rückversichern? Eigentlich war ja ein Vorteil des E-Rezepts, dass man es überall einlösen kann.“