Der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) lobt den Entwurf zur Apothekenreform in vielen Punkten, bei anderen brauche es eine Nachjustierung, um das erklärte Ziel – die nachhaltige Stärkung der Apotheken – tatsächlich erreichen zu können. Und einzelne Regelungen machten die Tür auf für investorengetriebene Interessen und hätten das Potenzial, die stabile Struktur der wohnortnahen Arzneimittelversorgung zu beeinträchtigen.
„Die fortbestehende Ungleichbehandlung zugunsten ausländischer Versandapotheken verletzt das Wettbewerbs- und Steuerrecht“, heißt es in der Stellungnahme. „Solange die Bundesregierung keine wirksame Rechtsdurchsetzung gegen diese Wettbewerbsverzerrung gewährleistet, darf es keine Erhöhung der gesetzlichen Zuzahlungen geben, da dies nur zu einer weiteren Förderung der niederländischen Versandapotheken führt und zugleich die gesetzliche Zielsetzung nicht erreicht würde. Im Gegenteil: Der BVDAK plädiert dafür, die Zuzahlungen vorübergehend auszusetzen, bis ein gerechtes Wettbewerbsumfeld geschaffen ist.“
Temperaturkontrollen für den Versandhandel machen aus Sicht des BVDAK nur Sinn, wenn das Aufsichtsvakuum der im Ausland ansässigen Versandapotheken aufgelöst werde. „Da im Ausland ansässige Versandapotheken derzeit faktisch keiner deutschen Aufsicht unterliegen, ist eine Zuständigkeitsklärung notwendig. Der BVDAK schlägt vor, in Nordrhein-Westfalen und Bayern je eine Behörde mit der Überwachung niederländischer bzw. tschechischer Versandapotheken zu betrauen.“
Laut BVDAK fehlen wesentliche Elemente zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Apotheken. „Ohne tragfähige wirtschaftliche Rahmenbedingungen kann der originäre Versorgungsauftrag der Apotheken sowie die angestrebte Erweiterung heilberuflicher Verantwortungsbereiche nicht dauerhaft erfüllt werden.“ Ohne die im Koalitionsvertrag ausdrücklich zugesagte Erhöhung des Fixums auf 9,50 Euro werde die angestrebte Weiterentwicklung der Apothekenstruktur nicht gelingen. „Kein in den Entwürfen positiv intendierter oder vorgesehener Vorschlag kann ohne diese grundlegende wirtschaftliche Anpassung seine beabsichtigte Wirkung entfalten.“
Die Verhandlungslösung sei gut, die Kopplung an den Grundsatz der Beitragsstabilität führe jedoch faktisch dazu, dass Honoraranpassungen auf Jahre hinaus blockiert würden. „Wird die Beitragssatzstabilität als Maßstab herangezogen, wird sie in der Praxis regelmäßig als Totschlagargument gegen jede Erhöhung dienen.“ Stattdessen seien andere, objektive Parameter heranzuziehen, etwa der Nominallohnindex, die Tarifsteigerungen im Apothekenmarkt und anderen Heilberufen, insbesondere Ärzten, die Inflationsrate, den Verbraucherpreisindex sowie die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Einkommen. „Zudem ist sicherzustellen, dass die Verhandlungen mindestens einmal jährlich stattfinden und auf einer Basisvergütung von 9,50 Euro aufsetzen. Der variable Anteil darf dabei nicht verhandelbar sein, um die finanzielle Stabilität der Apotheken zu gewährleisten.“
Die Wiederzulassung handelsüblicher Skonti stelle keine Sonderbegünstigung dar, sondern führe zurück zu normalem wirtschaftlichen Handeln. Sie stelle die wirtschaftliche Gleichbehandlung gegenüber Direktbezügen und dem Versandhandel wieder her und sei zur Wahrung fairer Wettbewerbsbedingungen erforderlich.
Die Zuschläge für „Landapotheken“ seien sachlich und rechtlich unausgewogen. „Die Problematik lässt sich nicht allein anhand von Stadt- oder Landlage definieren.“ Die geplante Auswahl zuschlagswürdiger Apotheken anhand von Geodaten und Versorgungsdichte bilde die tatsächliche Versorgungssituation nicht ab und verursach zugleich einen erheblichen bürokratischen Aufwand. „Rechtsstreitigkeiten über die Einstufung einzelner Apotheken wären vorprogrammiert.“ Denn ein Zuschlagsmodell gefährde die Gleichpreisigkeit im Arzneimittelmarkt. „Diese ist ein tragender Pfeiler des Sachleistungsprinzips und gewährleistet eine gleichberechtigte Versorgung aller Versicherten. Differenzierte Zuschläge könnten dagegen zu Preis- und Steuerungsanreizen seitens der Krankenkassen führen.“ Stattdessen fände der BVDAK eine pauschale Erhöhung der Notdienstpauschale gleichheitskonform und unbürokratisch. Ein Sockelbetrag für alle Apotheken wäre ebenfalls denkbar.
Dass bei Rezepturen nur noch anteilige Packungspreise abgerechnet werden sollen, benachteiligt laut BVDAK kleinere Apotheken unzumutbar und gefährdet die Versorgung gerade auch von Kindern. „Der volle Einkaufspreis der kleinsten verwendbaren Packung muss abrechnungsfähig bleiben, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“ Dass pro Filialverbund nur eine Rezeptur betrieben wird, sei zielführend im Sinne einer Qualitätssteigerung.
PTA sind laut BVDAK ein unverzichtbarer Bestandteil der Apothekenorganisation. „Ohne sie wäre die Arzneimittelversorgung in Deutschland nicht aufrechtzuerhalten.“ Dennoch müsse die Leitung einer Apotheken nach dem Leitbild des approbierten Apothekers erfolgen. „Die Übertragung heilberuflicher Verantwortung auf nicht approbiertes Personal verletzt das Berufsrecht, gefährdet das Fremdbesitzverbot und öffnet investorengetriebenen Strukturen den Weg in das Apothekenwesen.“
Auch die Lockerung bei Zweigapotheken lehnt der BVDAK ab: „Die unbestimmte Rechtslage zur ‚näheren Umgebung‘ und der Wegfall behördlicher Ermessensspielräume führen zu unkontrollierten Standortkonzentrationen und widersprechen dem Ziel einer gleichmäßigen Versorgung.“ Dasselbe gilt für die Aufgabe des Grundsatzes der ständigen Dienstbereitschaft: „Die geplante Flexibilisierung der Öffnungszeiten würde die Apotheken de facto dem Einzelhandel gleichstellen und gefährdet damit die kontinuierliche Arzneimittelversorgung.“ Die wünschenswerte Flexibilisierung dürfe nur in Absprache mit den Landesapothekerkammern erfolgen.
Die anderen Regelungen stoßen beim BVDAK überwiegend auf Zustimmung.
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