Telefonisch vorbestellt

Apothekerin entlarvt Fälschung: „Rezept erst nach Abfrage erstellt“

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Berlin -

Im Notdienst einer Apotheke in Hannover wollte ein mutmaßlicher Rezeptfälscher ein Privatrezept einlösen. Eine aufmerksame Apothekerin ließ ihn jedoch auffliegen. „Es gab mehrere Unstimmigkeiten“, berichtet sie und ärgert sich, dass der junge Mann ausgerechnet im Bereitschaftsdienst versuchte, die Arzneimittel zu ergaunern.

Zunächst soll der Täter telefonisch die Verfügbarkeit der Arzneimittel abgefragt haben. „Er rief an und wollte wissen, ob wir Tilidin, Obgemsa und Clonidin vorrätig hätten“, berichtet die Apothekerin. Der Anruf erfolgte am vergangenen Samstag zu den üblichen Geschäftszeiten. „Es war etwa gegen 10 Uhr als er meine Kollegin anrief. Sie teilte dem Anrufer mit, dass Clonidin im Moment nicht lieferbar ist, dass er dieses Arzneimittel aber aufgrund der privaten Verordnung auch woanders einlösen könne“, so die Apothekerin.

Er gab an, noch vor Ladenschluss die Medikamente abzuholen, da Obgemsa besonders dringend sei. „Er sagte zunächst nicht, dass es für seine angebliche Oma verordnet wurde“, so die Apothekerin, die den Notdienst dann ab 13 Uhr antrat. „Er kam dann doch erst gegen 20 Uhr im Bereitschaftsdienst an die Klappe“, berichtet sie. „Da stutzte ich dann, weil statt der drei Medikamente nur noch zwei auf dem Privatrezept erschienen. Mir kam es so vor, als sei das Rezept erst nach der telefonischen Abfrage erstellt worden“, so die Apothekerin.

Obgemsa dringend benötigt

„Ich fand es schon komisch, dass er beim zuvor erfolgten Anruf betonte, dass Obgemsa so dringend sei und das Tilidin in der höchsten Stärke und größtmöglichen Packungseinheit verordnet wurde, da läuten bei mir schon die Alarmglocken“, beschreibt sie die Situation. Denn ihr sei bekannt, dass es bei Drogenmissbrauch häufig auch zu Blasenproblemen komme. „Das Rezept schien mir demnach, schon ohne es gesehen zu haben, zurechtgeschustert.“

Als sie im Notdienst schließlich das angebliche Original in den Händen hielt, fielen ihr weitere Dinge auf. „Nicht nur, dass plötzlich Clonidin fehlte, auch der Wohnort der Patientin und der Ort der Arztpraxis passten nicht zu dem Ort unserer Apotheke“, so die Apothekerin. Die Praxis liege in Ritterhude bei Bremen: „Das sind immerhin mehr als 140 Kilometer Entfernung, das kam mir spanisch vor“, erklärt sie. Also erklärte sie dem Patienten, dass es üblich sei, bei Tilidinverordnungen auch nach dem Ausweis zu fragen. „In der Vergangenheit gab es einfach so viele Fälschungen, dass wir es uns angewöhnt haben, nach dem Ausweis zu fragen, ausgeschlossen davon sind Stammkunden.“

Kunde reagiert aggressiv

Der mutmaßliche Rezeptfälscher reagierte auf die Nachfrage entrüstet: „Ob das denn jetzt wirklich nötig sei, fragte er zunächst. Dann wurde er auch recht aggressiv, das war ein weiteres Warnzeichen für mich“, so die Apothekerin. „Denn wenn man nichts zu verbergen hat, reagiert man doch anders.“ Daraufhin sagte sie ihm, sie müsse kurz etwas klären und verschwand im Backoffice. „Ich habe ein Foto von dem Rezept gemacht und mir sind dabei noch weitere Fälschungsmerkmale aufgefallen.“ Sie ging dann wieder zum Patienten. „Ich habe dem Mann mitgeteilt, dass ich sein Rezept nicht beliefern könne und es noch etwas mit der Arztpraxis zu klären gebe.“

Ob man das nicht bis Sonntag erledigen könne, habe er gefragt. „Als ich das auch noch verneinte, ergriff er die Flucht. Das Rezept einzubehalten, habe ich mich nicht getraut“, so die Apothekerin. Ein Anruf bei der Arztpraxis am Montag bestätigte ihren Verdacht. „Die Patientin ist in der Praxis nicht bekannt. Auch die Verordnung wurde so natürlich nicht ausgestellt“, sagt sie. „Ich habe bereits eine Anzeige bei der Polizei erstattet.“

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