Urteil

Kein Arbeitszeitkonto, keine Minusstunden

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Berlin -

Das Thema Minusstunden sorgt mitunter für Kopfzerbrechen bei Apothekenangestellten. Schließlich müssen diese auch wieder nachgearbeitet werden. Doch gibt es überhaupt Minusstunden, wenn ein Arbeitszeitkonto fehlt?

Ein Jahresarbeitszeitkonto ermöglicht Arbeitgebenden und Angestellten mehr Flexibilität in Sachen Arbeitszeit. Denn gemäß § 4 Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) darf dabei eine flexible wöchentliche Arbeitszeit zwischen 29 bis 48 Stunden vereinbart werden – vorausgesetzt, im Ausgleichszeitraum von zwölf Monaten werden im Schnitt 39 Stunden/Woche erreicht. Ist dies nicht der Fall, muss ein Ausgleich erfolgen, und zwar bei Plusstunden in Form von Freizeit oder einer finanziellen Abgeltung, bei Minusstunden in Form von Nacharbeiten.

Doch: Die Mehrheit der Kolleg:innen hat kein Jahresarbeitszeitkonto vereinbart, wie eine aposcope-Befragung gezeigt hat. Aber bedeutet ein fehlendes Arbeitszeitkonto automatisch, dass keine Plus- und/oder Minusstunden anfallen können?

Kein Arbeitszeitkonto, keine Minusstunden?

Generell gilt die Faustregel „Ohne Arbeitszeitkonto keine Minusstunden“. Wurde also kein Jahresarbeitszeitkonto vereinbart, und zwar im gegenseitigen Einverständnis, haben die vertraglich festgelegten Arbeitszeiten Gültigkeit. Stellen Mitarbeiter:innen ihre Arbeitskraft uneingeschränkt zur Verfügung, dürfen somit keine Minusstunden im eigentlichen Sinn anfallen. Stattdessen wird eventuell versäumte Arbeitszeit, beispielsweise durch eine Verspätung oder eine überzogene Pause, von Angestellten selbstständig wieder ausgeglichen, um den Anspruch auf das volle Gehalt aufrechtzuerhalten beziehungsweise zu erfüllen. Ordnet die Chefin oder der Chef dagegen einseitig an, weniger als vereinbart zu arbeiten, muss trotzdem die reguläre Arbeitszeit vergütet werden. Stichwort Annahmeverzug.

Angestellten ohne explizite Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos nachträglich angeblich nicht geleistete Arbeitszeit als Minusstunden vom Gehalt abzuziehen, ist dagegen tabu. Das zeigt auch ein Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen.

Arbeitszeitkonto schriftlich vereinbaren

Dort forderte ein Arbeitgeber eine Gehaltsrückzahlung für angeblich angesammelte 200 Minusstunden. Das Problem: Der Angestellte behauptete, nie selbstverschuldet weniger gearbeitet zu haben, sondern immer nur in Teildiensten eingeteilt worden zu sein, wodurch er seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit nicht erfüllen konnte. Hinzukommt, dass anders als vom Chef behauptet, im Arbeitsvertrag kein Arbeitszeitkonto vereinbart wurde, sodass die Minusstunden nicht eindeutig belegt werden konnten.

Für das Gericht Grund genug, die Forderung des Arbeitgebers abzuweisen. Denn: „Ein Arbeitszeitkonto gibt den Umfang der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit wieder und kann den Vergütungsanspruch von Arbeitnehmer:innen ausdrücken. Deshalb setzt die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden zum Einen voraus, dass der Arbeitgeber diese Stunden im Rahmen einer verstetigten Vergütung durchgehend unabhängig von den tatsächlich geleisteten Stunden entlohnt und Betroffene zum Anderen zur Nachleistung verpflichtet sein müssen, weil sie die in Minusstunden ausgedrückte Arbeitszeit vorschussweise vergütet erhalten haben“, heißt es vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Um ein solches Konto einzurichten, braucht es jedoch zwingend eine entsprechende Vereinbarung, so der DGB mit Verweis auf das Urteil weiter.

„Allein die Tatsache, dass in einem Arbeitsverhältnis – aus welchen Gründen auch immer – zu wenig Stunden geleistet wurden, lässt keinen Schluss darauf zu, dass Beschäftigte auch damit einverstanden sind, diese Minusstunden später zu verrechnen.“

Auch im BRTV ist klar geregelt, dass das Jahresarbeitszeitkonto zwingend schriftlich vereinbart werden muss, und zwar mitsamt einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sowie wann diese in welchem Umfang geleistet wird. Monatlich werden die tatsächlich geleisteten Stunden abgezeichnet, wobei Minus- und Plusstunden klar gekennzeichnet werden müssen.

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