Der vom Großhandel geforderte Logistikfestzuschlag hat in der Branche gemischte Gefühle ausgelöst. APOTHEKE ADHOC liegen die Stellungnahmen der zentralen Branchenverbände gegenüber dem Bundeswirtschaftsministerium vor. Darin äußern sich die Akteure zur geforderten Änderung der Arzneimittelpreisverordnung. Der Bundesverband des Pharmazeutischen Großhandels (Phagro) hatte einen festen Großhandelszuschlag von 93 Cent pro Arzneimittelpackung sowie ein prozentualen Zuschlag von 3 Prozent auf den Herstellerabgabepreis vorgeschlagen.
Grundsätzlich wohlwollend wurde der Vorschlag vom Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA), dem Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH), dem Deutschen Generikaverband und der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände aufgenommen. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und Pro Generika lehnen den Vorstoß des Großhandels hingegen ab. Die Krankenkassen haben angekündigt, sich vorerst neutral zu äußern, bis die Kosten kalkulierbar seien. Eine Sprecherin des BKK Bundesverbandes konnte gegenüber APOTHEKE ADHOC noch nicht angeben, wann die Kassen eine konkrete Stellungnahme abgeben werden.
Alle Branchenverbände mahnen, dass eine Neuregelung für Krankenkassen und Hersteller kostenneutral ausfallen müsste. Nach Berechnungen von Pro Generika liege der durchschnittliche Erlös der Großhändler pro verschreibungspflichtigem Medikament derzeit bereits bei 93 Cent - der Zuschlag von drei Prozent wäre demnach ein Zusatzerlös. Die Großhändler halten dagegen, dass sich ein Fixkostenmodell bei einer zu erwartenden Preissteigerung im Arzneimittelmarkt schnell rechnen würde. Der BPI vermutet hinter der Pauschale die Absicht des Großhandels, in der 15. AMG-Novelle als verpflichtender Vertriebsweg verankert zu werden. Der Phagro wies dies zurück. Eine derartige Forderung sei nicht gestellt worden.
Aus Sicht der Pharmaverbände wäre zudem eine Anpassung der Festbetragslinien sowie der laufenden Rabattverträge notwendig, da durch den neuen Fixzuschlag einige Präparate über die Festbetragsgrenze rutschen könnten. Wenn preisgünstige Arzneimittel zwangsweise verteuert würden, ginge dies laut Generikaverband vor allem zu Lasten der mittelständischen Generikaindustrie. Ohne Anpassung der Festbeträge müssten die Hersteller ihre Preise senken oder den Patienten Zuzahlungen zumuten, kritisiert auch Pro Generika. Der BPI befürchtet ein „langwieriges und aufwendiges Monitoringverfahren zur Neufestlegung der Festbetragslinien“.
Zudem besteht laut Pro Generika „ein unauflöslicher Sachzusammenhang zwischen dem Fortbestand des Fremd- und Mehrbesitzverbotes sowie der Preisbindung der Zweiten Hand“. Daher sei vor einer Änderung der Arzneimittelpreisverordnung das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Fremdbesitzverbot - und damit faktisch auch zum Mehrbesitzverbot - abzuwarten. Ein Markt mit Apothekenketten könne nur ohne Arzneimittelpreisverordnung „etwaige Effizienzgewinne“ den Patienten zu Gute kommen lassen, argumentiert Pro Generika. Auch VfA und BPI verweisen auf das ausstehende EuGH-Urteil und würden vorab gern auf Änderungen verzichten.
Großhändler sehen ohne Fixzuschlag wegen des wachsenden Direktvertriebs die Mischkalkulation gefährdet, da sich viele Hersteller entweder auf Generika oder den forschungsorientierten Markt konzentrierten. Hochpreisige patentgeschützte Präparate werden deshalb immer häufiger direkt vertreiben, um nicht billige Präparate mit zu finanzieren. Ein Argument, dass die Großhändler durchaus gelten lassen - einige preisgünstige Präparate werden heute faktisch gratis verschickt.
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