Der neue FDP-Vorsitzende Dr. Philipp Rösler will seiner Partei im schwarz-gelben Regierungsbündnis mehr Profil verschaffen und sie damit aus der Krise führen. Aus Rücksicht auf den Koalitionspartner CDU/CSU habe die FDP eigene Projekte „zu lange zurückgestellt“, sagte Rösler auf dem Parteitag in Rostock. Dies werde sich nun ändern. „Liebe Wählerinnen und Wähler: Ab heute wird die FDP liefern.“
In seiner ersten Rede als Parteichef kündigte Rösler an, die FDP über ihre Forderung nach Steuersenkungen hinaus breiter aufzustellen. Dazu werde sich die Partei auch mehr um die Alltagssorgen der „ganz normalen Menschen in Deutschland“ kümmern. Als Beispiel nannte er eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Für seine einstündige Rede wurde der neue Bundeswirtschaftsminister von den mehr als 600 Delegierten gefeiert. Der Beifall nahm erst nach neun Minuten ein Ende.
Wichtigste Aufgabe des 38-Jährigen wird es sein, die Regierungspartei aus ihrem Umfragetief herauszuführen. Derzeit liegt die FDP bundesweit nur noch bei 5 Prozent. Bei der Wahl 2009 bekam sie noch 14,6 Prozent.
Rösler rief seine Partei immer wieder auf, liberale Grundsätze selbstbewusst zu vertreten. Gegenüber Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will er auch die Forderung nach niedrigeren Steuern wieder auf die Tagesordnung bringen. Die Entlastung der Steuerzahler sei ein „gemeinsames Versprechen“. Wegen der guten Konjunktur gebe es dafür auch wieder mehr Spielraum. „Wir sind dazu bereit. Wir warten jetzt nur auf unseren Koalitionspartner.“
Auch Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der für neue Grenzkontrollen und eine Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze eintritt, bekam Kritik ab. Die FDP werde sich eine solche „Freiheitseinschränkung“ nicht gefallen lassen. Rösler versprach dem Koalitionspartner in Berlin aber einen fairen Umgang. Zugleich bekannte er sich grundsätzlich zur Entschuldung und zum geplanten Rettungsschirm für andere Euro-Länder, die in Geldnot stecken.
Mit Blick auf die bisherige Regierungsarbeit gab der Ex-Gesundheitsminister Fehler zu, zog insgesamt aber eine positive Zwischenbilanz. „Den Menschen in Deutschland geht es heute besser als zu Zeiten der großen Koalition.“ Mehrfach grenzte er sich scharf von den Grünen ab, denen er absprach, eine „liberale Partei“ werden zu können.
Rösler warnte auch vor einem „Überbietungswettbewerb“ beim Ausstieg aus der Atomenergie. „Bei der Kernenergiefrage sind wir als Freie Demokraten die Stimme der Vernunft.“ Energie müsse bezahlbar bleiben. Einen Termin für die Schließung des letzten AKW nannte er nicht.
Rösler war am Freitag mit 95 Prozent der Delegiertenstimmen zum Nachfolger Guido Westerwelles gewählt worden und setzte seine Personalvorschläge für die neue Führung weitgehend durch. Damit wollte die FDP auch einen Schlussstrich unter die Personaldebatten der vergangenen Monate ziehen.
Trotz vieler Appelle zum Zusammenhalt wirkte sich der Streit bei den Neuwahlen aber noch aus. Die bisherige stellvertretende FDP-Vorsitzende Cornelia Pieper und Schleswig-Holsteins Fraktionschef Wolfgang Kubicki wurden erst im zweiten Anlauf in den neuen Bundesvorstand gewählt. Im ersten Durchgang fehlte beiden jeweils eine Stimme zur Mehrheit.
Bereits am Freitag hatte der Parteitag den hessischen Vize-Ministerpräsidenten Jörg-Uwe Hahn abgestraft. Hahn - wie Kubicki einer der ärgsten Westerwelle-Kritiker - bekam mit 52,5 Prozent nur knapp eine Mehrheit. Auch die bisherige Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger erzielte bei der Wahl zur neuen Parteivize mit 66,1 Prozent ein schlechtes Ergebnis. Weitere Stellvertreter sind Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow.
APOTHEKE ADHOC Debatte