Nicht immer sind Kammern und Verbände einer Meinung, wenn es um die Ausrichtung des apothekerlichen Berufsbildes geht. Vor allem die von der Politik gestartete Diskussion um die Rabatte des Großhandels beschäftigt derzeit die Berufsvertretungen. Einen Tag vor der Klausurtagung des geschäftsführenden Vorstands der ABDA in Potsdam meldet sich der Vorsitzende des Apothekerverbands Westfalen-Lippe, Dr. Klaus Michels, öffentlich zu Wort. „Mehr Freiheit für die Apotheke“, fordert Michels, um nicht in noch mehr Abhängigkeiten zu geraten.
Die Umstellung auf das Fixhonorar sei ein Meilenstein gewesen und habe über einige Jahre hinweg geholfen, so Michels. Doch über kurz oder lang zwinge jede Pauschale ohne angemessene Dynamik zur Leistungskürzung: Während man erwartet habe, dass die Vergütung an die allgemeine Preis- und Einkommensentwicklung weiterentwickelt werde, sei die Politik nicht bereit, für Ertragszuwächse der Apotheken GKV-Mittel bereitzustellen. Nicht einmal die steigenden Betriebskosten würden ausgeglichen.
„Aus dem Handeln der Politik wird deutlich, dass sie die Zahl der Apotheken für so üppig dimensioniert hält, dass man das Fehlen von Niederlassungsbeschränkungen getrost durch diese Art der 'Budgetierung' kompensieren kann“, schreibt Michels an den ABDA-Gesamtvorstand. Da die Vertrauensfrage in seinen Augen negativ ausfällt, will der Verbandschef die kaufmännische Seite stärken - nach dem Vorbild der Ärzte, die zunehmend private Angebote ausbauten und nicht angemessen honorierte Therapien schlichtweg strichen. „Wenn sich also reine Heilberufler ins kaufmännische Feld begeben, warum sollte es für den Apotheker als Heilberufler und Kaufmann in Personalunion richtig sein, genau dieses Feld zu räumen?“
Nach Michels' Meinung müssen die Standesorganisationen vorangehen - und schleunigst umdenken: „Neben klaren, verbindlichen Regeln für die pharmazeutische Qualität und Beratung, deren Praxis angemessen honoriert wird, brauchen wir mehr Freiheit für die Apotheke im Bereich gesundheitsorientierter Angebote für Waren und Dienstleistungen jenseits des Arzneimittels. Die Erweiterung der berufsrechtlichen Grenzen für diesen Bereich ist deshalb erforderlich und sollte - mit dem nötigen Augenmaß - umgehend angegangen werden.“
Dabei sollten die Apotheker nach Ansicht von Michels auch von den neuen Wettbewerbern, etwa den Betreibern von Drogerieketten, lernen und bei der Suche nach Ertragschancen neue Marktsegmente nicht außer acht lassen. Die berufsständischen Vertretungen seien gefordert, einen neuen rechtlichen Rahmen zu geben, der es der Apotheke ermöglicht, ein breiteres Sortiment als bisher anzubieten.
Michels versteht seinen Brief auch ein stückweit als gezielte Provokation, um die Diskussion um die Ausrichtung der Apotheke zu versachlichen, insbesondere beim Thema Großhandelsrabatt: Eine freiwillige Beschränkung würde in seinen Augen zu noch mehr Abhängigkeit von gesundheitspolitischen Entscheidungen führen. Rabatte seien nichts anderes als ein Honorar für wirtschaftliches Verhalten der Apotheke und müssten erlaubt sein, so Michels. „Heilberufliches Handeln ist das Standbein, auf dem wir alle nur dann noch länger werden stehen können, wenn wir auch das unternehmerisch-wirtschaftliche stärken.“
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